Dabei geht es um weit mehr als die klassischen Kundendaten oder die Daten, die ein Einkäufer im Internet hinterlässt: Leute, die zum Einkaufen gehen, führen für den Handel hochinteressante Daten in ihren Smartphones mit sich, zum Beispiel über soziale Netzwerke wie Instagram und Facebook oder standortbasierte Apps wie Passbook und Foursquare.

Jeden Tag kommen neue Produkte und Anwendungen hinzu, deren Daten für den Handel interessant sind: Beispiele hierfür sind Pulsuhren oder Fitness-Gürtel, die Daten über die Herzfrequenz oder den Kalorienverbrauch ihrer Trägerin beziehungsweise ihres Trägers sammeln. Diese können auch an mobile Apps gesendet und über soziale Netzwerke geteilt werden.

Hätten Einzelhändler Zugriff auf diese Daten oder auch auf Daten aus sozialen Netzwerken, könnten sie diese durch Big-Data-Analysen mit ihren eigenen Kundendaten verknüpfen. Anschließend stünde einer Analyse nichts mehr im Weg, um neue Einnahmequellen innerhalb ihres eigenen Kundenstamms sowie bei potenziellen Neukunden zu ermitteln.

Viele Kunden sind bereit, Daten zu teilen, wenn sie wissen, dass diese zur Verbesserung des Kundendienstes genutzt werden.

Barbara Radatz

Territory Sales Manager, D-A-CH-Region, Pentaho Deutschland.

Der ideale Ort, an dem diese Technologien zusammentreffen und genutzt werden können, ist das Shopping-Center. Shopping-Center und Flughäfen planen eine Infrastruktur, die beispielsweise kostenloses Wi-Fi für Kunden mit Back-Office-Analysediensten kombinieren, damit maßgeschneiderte Angebote an die Mobilgeräte der Einkäufer – je nach deren Vorlieben und Standorten – geschickt werden können. Gesetzt den Fall, dass ein Einkäufer auf dem Weg nach Oslo ist, würde das bedeuten: Ein Einzelhändler im Flughafengebäude könnte diesem einen Gutschein für den Kauf eines ermäßigten Weines senden, weil bekannt ist, dass solch ein guter Tropfen in Norwegen teuer ist.

Einhaltung von Standards ist nicht genug

Das Ausmaß, in dem Kundendaten monetarisierbar sind, wird allerdings durch einen wichtigen Faktor bestimmt: Vertrauen. Somit besteht die Voraussetzung für das genannte Beispiel darin, dass die Person, die den Weingutschein erhält, vorher persönliche Daten preisgegeben hat. Das wird diese ohne Vertrauen nicht tun. Vor der Monetarisierung von Big Data müssen Einzelhändler also erst Loyalität beim Kunden hervorrufen und sein Vertrauen gewinnen. Aber wie ist das in der modernen digitalen Welt möglich?

Um ein umfassendes Bild vom  Kunden zu erhalten und seine Daten zu sammeln und zu analysieren, reicht es nicht aus, auf minimale Zustimmung und Information zu setzen. Einzelhändler sollten viel weiter gehen:

  • Kunden sollten erfahren, wie ihre Daten gesammelt werden und was damit passiert: Dies sollte in einer klaren und alltäglichen Sprache erläutert werden. Viele Kunden vertrauen nur, wenn sie wissen, dass ihre Daten lediglich für bestimmte Zwecke gesammelt und zusätzlich anonymisiert werden. Dies sollte anhand von Beispielen und Zielsetzungen erläutert werden. Zum Beispiel sind viele Kunden bereit, Daten zu teilen, wenn sie wissen, dass diese zur Verbesserung des Kundendienstes genutzt werden.
  • Kunden sollten über ein Spektrum an Auswahlmöglichkeiten verfügen: Um verschiedenen Konsumententypen gerecht zu werden, sollten Antwortmöglichkeiten von „Nein, Sie dürfen keinerlei Daten von mir erfassen“ bis hin zu „Ja, Sie können meine gesamten Daten verwenden und ich erhalte VIP-Angebote und Preisnachlässe sowie eine auf mich angepasste Shopping-Erfahrung“ reichen.
  • Der Einwilligungsprozess sollte Kunden genug Zeit und positive Anreize geben, seine Entscheidung zu fällen: Ob ein Kunde sein Einverständnis dazu gibt, dass seine Daten gesammelt werden, hängt zum großen Teil auch davon ab, welche Erfahrungen Freunde oder Kunden mit dem Händler gemacht haben. 
  • Möglichst keinen Druck auf Kunden ausüben: Oftmals reicht ein falsches Signal, um das Vertrauen beim Kunden zu verspielen. Viele Kunden fühlen sich zum Beispiel durch zu viele Nachrichten vom Händler belästigt und sind dann weniger bereit, Daten zu teilen. 
  • Wer Daten vom Kunden sammelt, sollten diesem auch immer eine schnelle Opt-Out-Möglichkeit geben.

Wie Amazon uns zeigt, gibt es kaum einen besseren Weg für eine anhaltende Kundenbindung als eine positive Einkaufserfahrung. Hier fällt das Einkaufen leicht, ist persönlich und macht Spaß. Fazit: Der Einzelhändler, der das Vertrauen der Kunden erreicht hat und die gesammelten Daten dazu nutzt, dem Kunden ein positives Erlebnis zu verschaffen, kann sich einen echten Marktvorteil schaffen.

Ein Beispiel dazu, was theoretisch bereits heute mit Big-Data-Analyse machbar ist: Ein Kunde, der eine Pulsuhr trägt und seine Herzfrequenzdaten an eine mobile App übermittelt, besucht ein Shopping-Center mit Back-End-Analyse-Diensten (1). Der Kunde hatte bereits eingewilligt, dass seine Daten gesammelt werden dürfen. Er  loggt sich ins kostenlose Wifi-Netz und der Datenanalyst des Centers hat Zugriff auf seine Daten (2). Er geht am Schaufenster eines Fahrradgeschäftes vorbei und sieht ein Rennrad, dass ihm sehr gefällt. Seine Herzfrequenz steigt. Der Datenanalyst gibt diese Information an dem Fahrradhändler weiter (3), der ihm für einen begrenzten Zeitraum ein Rabatt von dreißing Prozent über sein Handy anbietet (4).

Auch wenn dies futuristisch anmutet, durchführbar ist das Szenario durchaus bereits heute. Da die sogenannte „Internet der Dinge“-Bewegung wächst und es immer mehr Verbrauchergeräte wie Google Glass mit integrierten Sensoren und eindeutigen IP-Adressen gibt, nimmt das Potenzial für Einzelhändler mehr und mehr zu, intelligente Lösungen anzuwenden und damit umsatzstärker zu werden. Auch wenn es so aussieht, als würde die Vertrauensbildung und Kundenbindung jetzt viel Geld kosten – die potenzielle Rentabilität dieser Investition war noch nie höher.

Weitere Informationen: www.pentaho.de

Autorin Barbara Radatz ist Territory Sales Manager in der D-A-CH-Region bei Pentaho Deutschland.