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Foto-Collage: Fotolia, Aamon / Robert Kneschke

Fiskalchip für den deutschen Handel?

Seit Langem haben die Steuerbehörden den Verdacht, dass durch Manipulationsmöglichkeiten an Kassensystemen Steuerhinterziehung möglich sei und dies auch im großen Stil geschehe. Die Lösung ist ausgemacht: Ein Fiskalchip soll hier Abhilfe schaffen.

Der Bundesrechnungshof empfahl bereits im Jahr 2003 die Einführung manipulationssicherer elektronischer Ladenkassen-Systeme in „bargeldintensiven Bereichen“, zu denen er u.a. Friseurgeschäfte, Taxis, Gastronomie und den Handel zählt. Damit sprach er das Thema erstmals öffentlich an. „Spezielle Software ermöglicht es Steuerhinterziehern inzwischen spielend, Aufzeichnungen ihrer Kassensysteme zu manipulieren", heißt es jetzt dazu in einem aktuellen Rechnungshof-Bericht

Die obersten Finanzrichter denken auch, dass es potenziellen Steuerhinterziehern zu einfach gemacht wird und mahnen in einem Urteil (Az.: X R 20/13): „Elektronische Kassensysteme sind durch Umprogrammierung in nahezu beliebiger Weise manipulierbar." Und von solchen Möglichkeiten werde in der betrieblichen Praxis durchaus Gebrauch gemacht. Das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen hat Zahlen eines OECD-Berichts aus dem kanadischen Quebec als Basis genommen und versucht, diese auf Deutschland zu übertragen. Man kam zu dem Schluss, dass dem Staat jährlich bis zu 10 Mrd. Euro entgehen könnten. Dies sind nur Vermutungen und Schätzwerte. Die Behörden scheinen aber überzeugt, dass in diesen sogenannten bargeldintensiven Bereichen dem Staat große Summen an Steuereinnahmen vorenthalten werden. 

Eine mögliche Lösung für dieses Problem wartet auch schon seit Jahren auf seinen Einsatz: Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme (INSIKA). Das INSIKA-Konzept wurde auf Grundlage eines Konzepts der deutschen Finanzbehörden von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) gemeinsam mit Vertretern der Industrie entwickelt. Das Verfahren ist veröffentlicht und könne ohne Berücksichtigung von Lizenzen, Patenten o. Ä. genutzt werden. Die funktionsfähigen Prototypen liegen bereits seit 2008 in der Schublade.

Smartcard

Die Entwickler des Systems stellen ihre Lösung als kostengünstige und einfache Methode dar. Die Idee: Man könne zu überschaubaren Kosten eine Smartcard erwerben und an der Kasse anschließen. Somit wäre der Initialaufwand überschaubar und eine kostengünstige Fiskallösung geschaffen.

Wie funktioniert INSIKA?

Das INSIKA-System (Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme) basiert auf einer digitalen Signatur jeder Buchung. Erzeugt wird diese Signatur von einer Smartcard – ähnlich einer Mobilfunk-Sim-Karte. Zudem sorgt die Smartcard für die fortlaufende Nummerierung der Buchungen. Die Signatur wird auf dem zugehörigen Beleg/Kassenbon abgedruckt und mit den Buchungsdaten dauerhaft gespeichert. Im Falle einer Prüfung sollen die signierten Buchungsdaten in einem vorgegebenen Format bereitgestellt werden, z.B. durch einen Datenexport, und könnten so u.a. auf Vollständigkeit und Durchgängigkeit überprüft werden.

Gegen dieses sehr positiv gezeichnete Szenario sprechen aber einige Punkte. Die einzelne Smartcard soll vom Händler beantragt werden. Jede Kasse darf dabei nur mit einer ihr eindeutig zugeordneten und identifizierten Smartcard betrieben werden. Hierzu muss auch der genaue Standort dieser Kasse angegeben werden. Die Kosten für die Beantragung und Verwaltung dieser Karten, die übrigens wie eine Sim-Karte eine Pin und Puk hat, dürften somit nicht unerheblich sein.

Im nächsten Schritt kommen weitere Fragen auf: Wer darf diese Smartcards an den Kassen anbringen? Nur speziell ausgebildete Techniker? Wie werden diese Smartcards angebracht? Sind überhaupt Slots an den Kassen frei? Einfaches Plug&Play? Austausch der Hardware notwendig? Und wie groß wird der Aufwand für die Softwareänderung sein? Die erzeugte digitale Signatur jeder Buchung muss ja entsprechend abgespeichert werden. Die Kosten dürften bei der Einführung höher ausfallen als geplant.

Wer prüft?

Schlussendlich bleibt natürlich die Frage: Was geschieht, wenn der Kassierer den Vorgang erst gar nicht eintippt? Der Kunde müsste auf seinem Kassenbon bestehen und zum Nachweis des legalen Einkaufs bei sich führen. Theoretisch müsste die Einhaltung dieses Vorgehens – wie in anderen Ländern mit „Fiskalkassen“ auch – durch Steuerbeamte oder andere beauftragte Personen überprüft werden.

Das Thema der manipulationssicheren Registrierkassen ist in der Tat sehr aktuell. Die Finanzminister der Länder stellten auf ihrer Konferenz am 25. Juni 2015 fest, dass „wegen der sich immer schneller ausbreitenden Möglichkeiten der systematischen Steuerhinterziehung bei Bargeschäften dringender Handlungsbedarf besteht“ und daher die Einführung sicherer Kassensysteme erforderlich sei. Bis Ende 2015 wollen Bund und Länder nun ein Gesamtkonzept vorlegen und neuen Schwung in das Thema bringen. Man hat sich aber entschlossen, sich nicht von vornherein auf ein System wie INSIKA festzulegen, sondern vielmehr auf den Wettbewerb verschiedener Anbieter und Lösungen zu setzen. Der HDE begleitet diesen Prozess und versucht, alternative Lösungen aufzuzeigen.

Details befinden sich dementsprechend noch in der Klärung. Auch die Möglichkeit von Ausnahmeregelungen für bestimmte Unternehmensgruppen ist noch zu diskutieren – denn in mittleren und großen Unternehmen ist Betrug am POS kaum möglich. Filialisierte Handelsunternehmen beispielsweise haben ein originäres Interesse an durchgängigen und korrekten Buchungen an ihren Kassen. Bei modernen Retailern hängen zudem viele Prozesse von den Informationen der Kassen ab (z.B. die Disposition), sodass fehlerhafte Daten der Kassen großen Schaden verursachen würden. Zudem ist die Kassenbuchführung so eng mit den übrigen Systemen verzahnt, dass Kassenmanipulationen praktisch kaum organisierbar wären.

Foto-Collage: Fotolia, Aamon / Robert Kneschke

Weitere Informationen: www.insika.de

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