Mehr Aufgaben noch schneller bewältigen | stores+shops

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Foto: Fotolia / Robert Kneschke

Mehr Aufgaben noch schneller bewältigen

Ob mobiles Bezahlen oder die Abwicklung von Coupons: Der Checkout muss künftig zusätzliche Prozesse abdecken. Ein schwieriges Unterfangen, weil die Toleranz der Kunden bezüglich der Wartezeiten sinkt. Der Handel steht vor der Herausforderung, die Prozesse weiter zu optimieren.

Die Psychologie kennt ein interessantes Phänomen: Manchem Produkt wird ein umso höherer Wert zugemessen, je länger man darauf warten muss. Das galt für den Trabbi in der ehemaligen DDR. Das gilt auch für das neueste iPad, wegen dem sich schon am Vorabend des Verkaufstarts Menschentrauben vor den Apple-Stores bilden. „Die Sehnsucht nach einem Lifestyle-Objekt wie dem iPad macht Warten sogar zum Happening“, erklärt Felix Muxel, Partner der auf Kundenverhaltensanalysen spezialisierten Gruppe Nymphenburg Consult in München.

Alles andere als ein Happening dagegen ist das Warten vor der Handelskasse. Mit ihren Abläufen, Geduldsproben und manchmal auch Spannungen ist die Warteschlange im Markt „ein Abbild des Lebens“, meint die Marketingexpertin Claudia Raupold in ihrem Buch „Konsumentenverhalten und Warteschlangen-Management“. Bei zu langer Wartezeit „schwappt ein wahrer Gefühlstümpel aus Ärger, Frust, Ungeduld und Ohnmacht über“ – eine nicht ganz ungefährliche Mischung aus Sicht eines Handelsunternehmens, das seine Kunden langfristig binden will.

Warten macht empfindlich

Im Schnitt rund sieben Minuten müssen deutsche Verbraucher in den Kassenzonen des FMCG-Handels verharren, hat im Jahr 2008 das Beratungsunternehmen Grass Roots Performance in einer Studie für den europäischen Testkaufverband MSPA herausgefunden. Schon damals erschien dieser Wert zweifelhaft hoch. Die vom Beratungsunternehmen eMatrix für das Jahr 2012 eruierte durchschnittliche Wartezeit von drei Minuten kommt der Realität wohl näher. Doch sind auch 180 Sekunden für den modernen Kunden schwer erträglich. Als psychologisch gesichert gilt: Allerspätestens nach dieser Zeitspanne verliert er die Geduld.

Der Handel selbst setzt diese Grenze eher noch niedriger an. „Die Kunden reagieren extrem empfindlich, drei Minuten durchschnittliche Wartezeit sind aus unserer Sicht zu viel, wir versuchen deutlich unter diesem Wert zu bleiben“, berichtet Klaus Trautmann, Leiter IT-Organisation Filialsysteme bei der Dohle-Handelsgruppe in Siegburg bei Bonn. In den Hit-Märkten des Unternehmens wird die Kassenbesetzung Software-gestützt geplant, in Spitzenphasen wird für die schnelle Öffnung zusätzlicher Kassenplätze gesorgt.

Bereits in drei bis vier Jahren werden die deutschen Konsumenten ebensoviele elektronische wie gedruckte Gutscheine einlösen.

Klaus Trautmann

Leiter IT-Organisation Filialsysteme Dohle-Handelsgruppe

Zur psychologischen Abfederung von Wartezeiten erprobt der Händler in einigen seiner Märkte den Einsatz von Bildschirmen in der Kassenzone. Darauf laufen kurze, unterhaltende Filmchen. „Wenn es doch einmal zu etwas längeren Wartezeiten kommt, wollen wir die Kunden positiv ablenken“, so Trautmann.

Marketing an der Kasse

Tatsache ist, dass der Checkout-Prozess künftig durch zusätzliche Aufgaben zusätzlich belastet wird – ausgelöst durch den Trend zum Multichanneling. Der moderne MC-Kunde will online bestellte Ware in der Filiale abholen, reklamieren oder umtauschen können. Oder er will digitale Coupons an der Kasse einreichen, die er sich aus dem Netz gezogen hat oder die ihm auf sein Smartphone gespielt wurden. Solche Services muss der Handel organisiert bekommen, ohne dass zusätzliche manuelle Prozesse an der Kasse zu Verzögerungen führen.

Beispiel Couponing: „In schon drei bis vier Jahren werden die deutschen Konsumenten ebensoviele elektronische wie gedruckte Gutscheine einlösen“, erwartet Dohle-IT-Chef Trautmann. Dafür wird in den Hit-Warenhäusern der Dohle-Gruppe technisch vorgesorgt. Am Checkout können Coupons durch das in die Kassensysteme integrierte Online-Autorisierungsverfahren automatisch eingelöst werden. „Die Umstellung der Kassensysteme wurde von unserem Lieferanten Wincor Nixdorf auf Basis der Acardo-Spezifikationen umgesetzt“, berichtet Trautmann. Außerdem werden die Hit-Kassen mit modernen Scannern ausgerüstet, die Barcodes direkt vom Handy-Display ablesen können.

Banking am Checkout

Mit dem Rückzug von Bankfilialen aus kleineren Orten könnte künftig Schule machen, was Edeka-Händler Gerd Grümmer im Januar 2013 eingeführt hat. In seinem knapp 2.000 qm großen „Edeka Grümmi“-Markt in Boostedt bei Neumünster stehen neben 4 bedienten Kassen auch 4 SB-Terminals, an denen die Kunden ihre Ware selbst einscannen und bezahlen können. Hinzu kommt ein weiterer, in Deutschland bislang einzigartiger Service: An einem zusätzlich aufgestellten Automaten können die Kunden auch ihre alltäglichen Bankgeschäfte erledigen, also Bargeld abheben, den Kontostand abfragen oder Rechnungen mit Bareinzahlung und Zahlschein begleichen.

Edeka Grümmi in Boostedt bei Neumünster hat 4 SB-Terminals, an denen die Kunden ihre Ware selbst scannen und bezahlen können. (Foto: ITAB)

Edeka Grümmi in Boostedt bei Neumünster hat 4 SB-Terminals, an denen die Kunden ihre Ware selbst scannen und bezahlen können. (Foto: ITAB)

Edeka Grümmi und der für die gesamte technische Installation verantwortliche IT-Anbieter Micros kooperieren dazu mit einem großen deutschen Kreditinstitut. Experten halten diesen Kundenservice für richtungsweisend – jedenfalls für Märkte in ländlichen Regionen, wo Bankfilialen schließen und kaum Geldautomaten stehen. Das EHI Retail Institute in Köln verlieh Gerd Grümmer und seinem IT-Dienstleister Micros dafür den „Retail Technology Award Europe“ in der Kategorie „Best Consumer Experience“.

Multichanneling, Banking, Couponing, Loyality-Abwicklungen und mehr – aufgrund solcher zusätzlicher Aufgaben werden Händler ihre Checkout-Prozesse künftig noch genauer im Auge behalten müssen. Der Checkout-Prozess muss abgeschlossen sein, bevor der Kunde seinen Einkauf in Zweifel zieht, bevor seine Toleranzgrenze erreicht ist, bevor er gar das Gefühl entwickelt, den Händler durch Wechsel der Einkaufsstätte bestrafen zu müssen. Und der anspruchsvolle Kunde 2020 wird vermutlich noch ungeduldiger sein. Servicebereitschaft hier, Kostensparzwang da – zur Bewältigung dieses Optimierungsproblems stehen dem Handel organisatorische und technische Hilfsmittel zur Verfügung, etwa ein Software-gestütztes Wartezeiten-Management. Auch die bedienten Kassen ergänzenden SB-Checkouts gelten als Instrument zur Entzerrung der Prozesse.

rt retail technology special 2013: Checkout 2020

Neue Techniken, effektivere Prozesse, optimierte Organisation

Der Checkout heute und morgen: Welche neuen Techniken heute schon getestet werden – SB-Automaten, mobile Lösungen, Payment via NFC und Smartphone. Experten-Roundtable: Wie sieht der Kassenplatz in 10 Jahren aus? Mit Marktübersichten zu Hardware, Software und Peripherie.

Erscheinungstermin: 29.10.2013

Informationen: husseck@ehi.org

Allerdings kommt hier ebenfalls die Psychologie ins Spiel: Am SB-Checkout ersetzt der Kunde eine erzwungene eigene Untätigkeit durch eigenes Handeln. Damit unterliegt er der Illusion größerer Schnelligkeit. Fakt aber ist laut der EHI-Studie „Kassensysteme 2012“: Ein ungeübter Kunde benötigt am SCO-Terminal im Schnitt die zwei- bis dreifache Zeit im Vergleich zur Abwicklung am bedienten Checkout. Unter dem Strich kann dies zwar immer noch schneller sein, als in der Schlange zu warten. Der Handel allerdings scheint vom Nutzen der SB-Automaten noch nicht überzeugt zu sein. Denn von einigen Großinstallationen etwa bei Ikea oder Real abgesehen, ist diese Technik in Deutschland noch nicht aus den Startlöchern gekommen. Und wenn die SB-Checkouts genutzt werden, werden sie nach Beobachtung von Gruppe Nymphenburg-Consultant Muxel halbherzig gemanagt (siehe Interview). „Mehrwert und Zusatznutzen von SB-Kassen werden dem Kunden zu wenig kommuniziert“, so der Berater.

Fotos: Fotolia / Robert Kneschke (1), ITAB (1)

Nutzen besser kommunizieren

Felix Muxel, Partner der Gruppe Nymphenburg Consult AG, über die Zukunft der Selbstbedienung am Checkout.

Mag der deutsche Kunde keine SB-Checkouts?

Die ersten Generationen der SB-Kassen waren ein unergonomisches Sammelsurium technischer Apparaturen und haben viele Kunden abgeschreckt. Heute sind die Geräte zwar deutlich smarter und bedienerfreundlicher, eine höhere Kundenakzeptanz aber kann nur durch intensive Kommunikation des Nutzens und nur im Zusammenspiel mit den Mitarbeitern am POS erreicht werden.

Zeigt der Handel hier Defizite?

Nach meiner Beobachtung ja. Er investiert zu wenig in die Aufklärung der Kunden, also in ein freundliches, aber aktives Heranführen an den SB-Checkout. Der Mehrwert und Zusatznutzen von SB-Kassen: kostenlose Tüten, Schnelligkeit, Schutz vor Fremdeinblick bis hin zum Erwerb von Bonuspunkten auf der Kundenkarte wird nicht ausreichend kommuniziert.

Wie sehen Sie die Zukunft der SB-Technik?

Sie wird in den FMCG-Bereichen bei bestimmten Betriebstypen eine ergänzende Rolle spielen. Die Zukunftsperspektive allerdings lautet Mobile Payment. Es bietet dem stationären Handel die außerordentliche Chance, sich neben den Apps von Amazon und Facebook einen festen Platz im Kunden-Smartphone zu sichern.

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