Was spricht für geschlechterspezifische E-Shops? | stores+shops

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Was spricht für geschlechterspezifische E-Shops?

Gender Commerce ist ein Ansatz im E-Commerce, um Anforderungen von Frauen und Männern an die Gestaltung von Online-Shops zu berücksichtigen. Die Grundlage dafür bilden Usability-Tests und Studien aus der Wahrnehmungs- und Verhaltenspsychologie. Dieser Beitrag zeigt, wie es gelingen kann, männliche und weibliche Kunden an eine Webseite zu binden.

Gender Commerce wird stark von Gender Marketing beeinflusst. Beim Gender Marketing wird in der Produktentwicklung und Kommunikation grundsätzlich zwischen Männern und Frauen unterschieden, wobei „die Frau“ als relativ neue, zukunftsträchtige Zielgruppe angesehen wird. Bei der Gestaltung und Konzeption von E-Shops bieten sich unter Gender-Commerce-Aspekten zwei Strategien. Erste Strategie: Bei Produkten, die von beiden Geschlechtern gleichermaßen gekauft werden, sollten die Vorteile in einer Shop-Website vereint werden, um eine androgyne Shopumgebung zu bieten. Zweite Strategie: Bei charakteristischen weiblichen oder männlichen Produkten sollte die Shop-Umgebung auf die Vorlieben des jeweiligen Geschlechts abgestimmt werden.

Während Gender Marketing seit Jahrzehnten betrieben wird und in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewinnt, rückt Gender Commerce nur langsam in die Wahrnehmung von  Shop-Betreibern, Agenturen und Medien. Eine Chance, die stärker genutzt werden sollte: Denn gerade in der digitalen Medienwelt mit einer kurzen Aufmerksamkeitsspanne ist die geschlechtsadäquate Aufbereitung von Inhalten für E-Shops wichtig, um Nutzer so lange wie möglich auf der Webseite zu halten.

Männliche und weibliche Kaufentscheidungsprozesse

Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen beginnen bei der Kaufentscheidung: Für Männer ist Einkaufen mehr eine Notwendigkeit, um einen Bedarf zu erfüllen. Der Kaufentscheidungsprozess durchläuft mehrere Stufen – von der Aktivierung bis zur Befürwortung. Wenn Männer einen Schritt zufriedenstellend abgeschlossen haben, gehen sie zum nächsten über. Auf dem Weg zu einer „guten Lösung“ prüfen sie, ob die Auswahl der Produkte zu ihren Kriterien passt. Der Prozess läuft also linear ab. Bei Frauen ist die Entscheidungsfindung vielschichtiger, da sie eine „perfekte Lösung“ suchen. Es kann vorkommen, dass sie im Laufe des Prozesses ihre Auswahlkriterien verändern oder mehrere Schritte zurückgehen, um Phasen erneut zu durchlaufen. Frauen sammeln eine Auswahl von Produkten, um sich zu entscheiden, sobald sie einen Überblick über das Angebot haben.

Betrachtet man übliche E-Shops mit dem Wissen um unterschiedliche Kaufentscheidungen, kommt man zur Erkenntnis, dass der klassische Aufbau von Online-Shops sich am männlichen Kaufverhalten orientiert. Produkte, sortiert nach Kategorien, aufgeführt in langen Produktlisten mit Filtern unterschiedlichster Art richten sich eher an männliche Nutzer – Frauen werden mit diesen zielgerichteten Funktionen in ihrem stöbernden Einkaufsprozess blockiert. Auch bei der Produktpräsentation werden – je nach Produkt-Art – bevorzugt technische Daten, Abmessungen sowie Leistungsdaten und somit Informationen präsentiert, die die männlichen Käufer stärker interessieren als die weiblichen.

Frauen werden eher durch den Nutzen eines Produkts zum Kaufen motiviert. Daher bevorzugen sie Darstellungen, die Produkte in der Anwendung zeigen. Für sie reicht es beispielsweise nicht aus, die Maße eines Kofferraums in Litern anzugeben. Die Darstellung des Kofferraums, der mit Getränkekisten, Taschen und Koffern beladen ist, ist überzeugender. Interessieren sich Männer generell mehr für Zahlen, Statistiken und Fakten, stehen Frauen auf Geschichten rund um das Produkt, Erfahrungen anderer damit und „Word of mouth“ aus ihrem direkten sozialen Umfeld. Zudem kann ein Shop in der Gestaltung zu männlich oder zu weiblich wirken und dadurch beim jeweils anderen Geschlecht unbewusste Ablehnung hervorrufen.

Praxis: Schlaglicht Gender Commerce

Nach einer Phase, in der hauptsächlich für Suchmaschinen getextet wurde, tritt der Nutzer wieder in den Vordergrund. Männer bevorzugen eine eher formale, faktische und unspontane Sprache. Zahlen, Fakten, Statistiken sind ihnen wichtig, ebenso Neugier weckender Jargon und Akronyme. Frauen präferieren eine persönliche, spontane Sprache und Metaphern, die Abstraktes veranschaulichen.

Positives Beispiel: About you setzt Looks von Promis ein und zeigt diese mit ähnlichen Produkten aus dem eigenen Angebot.

Positives Beispiel: About you setzt Looks von Promis ein und zeigt diese mit ähnlichen Produkten aus dem eigenen Angebot.

Ergebnisse aus der Gender-Forschung spiegeln sich noch wenig in der Praxis wider. Erste positive Beispiele gibt es im Modebereich: Hier finden sich Ansätze, das Stöbern in den Kaufprozess einfließen zu lassen. So zeigt Zalando in einem personalisierten „Trend-Feed“ Produkte der jeweiligen Lieblingsmarken oder ähnlicher Marken, abgestimmt auf bereits getätigte Käufe. About you arbeitet mit Looks von Promis, die im Bereich „Inspiration“ mit ähnlichen Produkten aus dem eigenen Angebot präsentiert werden. Thomas Pink bietet ein virtuelles Modell, das Nutzerinnen an ihre Körpermaße anpassen können, um Größen zu testen. Ist eine deutlich zu klein, wird das als Hinweis eingeblendet.

Weitere Ansätze, die den weiblichen Kaufentscheidungsprozess beeinflussen, sind: 

  • Nahaufnahmen von Produkten, damit die Oberflächen besser sichtbar werden, da Frauen die Qualität von Produkten taktil prüfen
  • Merklisten und längerfristig gespeicherte Warenkörbe, damit mehrere Produkte, die im Stöber-Prozess gesammelt wurden, für die finale Auswahl gespeichert werden können
  • Virtuelle Umkleidekabinen, siehe Thomas Pink 
  • Persönliche Beratung, da Frauen sich im Gegensatz zu Männern beraten lassen – am liebsten von Frauen
  • Ergänzende Angebote auch aus anderen Kategorien, da Frauen offener für weitere Produkte sind und auch für andere Familienmitglieder einkaufen 
  • Soziale Aspekte über Social Media, weil Frauen Wert auf die Meinung ihres sozialen Umfeldes legen
  • Regelmäßige Newsletter, da Frauen gerne zugreifen, wenn sich etwas bietet und nicht nur gezielt suchen 
  • Inspiration durch personalisierte Feeds oder Looks, vgl. Zalando und About you 
  • Produkte in der Anwendung, da sich Frauen eher für den Nutzen interessieren.

Die zunehmende Fragmentierung der Märkte macht es für Online-Shopbetreiber notwendig, stärker auf Bedürfnisse ihrer Kunden einzugehen. Um die immer einflussreichere Zielgruppe der Frauen zu bedienen, müssen sie zunächst erkennen, dass E-Shops aktuell hauptsächlich männlich geprägt sind: Wirklich androgyne Online-Shops entstehen nur, wenn weibliche Anforderungen mit berücksichtigt werden. Das ist eine vielschichtige Aufgabe, die mit „Pink it and shrink it“ (mittels Färbung in Pink und Verkleinerung des Online-Angebots) nicht erledigt ist. Denn Shop-Systeme, Standard-E-Shop-Funktionen für Produkt-Präsentationen, die Informationsarchitektur und die Gestaltung sind nur einige Aspekte, die für erfolgreichen Gender Commerce verändert werden müssen. Dabei ist es wichtig, Frauen beim Aufbau von E-Shops mehr einzubeziehen. Wenn Agenturen und Shopbetreiber ihren Blick für Ansprüche von Frauen und Männern schärfen, dann wird es in Zukunft mehr Shops geben, die Einkaufen zum Vergnügen machen.

Foto: Fotolia / Kzenon

Grafik und About-you-Screenshot: Triplesense Reply

Die Autorinnen Silke Berz und Astrid Wunsch arbeiten als Creative Director UX und Head of Design bei der Frankfurter Digitalagentur Triplesense Reply.

Weitere Informationen: www.aboutyou.de, www.thomaspink.com, www.zalando.de und www.triplesensereply.de  

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