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Regulierung für mehr Wettbewerb

Die klassischen Kartenzahlverfahren sind ins Visier der Wettbewerbshüter geraten. So soll das deutsche Girocard-System neue Entgeltregeln bekommen. Brüssel arbeitet an einer Gebührendeckelung für bestimmte Debit- und Kreditkarten. Doch was ändert sich genau und welche Auswirkungen hat dies?

Sowohl das Bundeskartellamt als auch die Wettbewerbskommission in Brüssel haben den Kartenzahlungsmarkt analysiert und Wettbewerbsbeschränkungen festgestellt. In ihren Konsequenzen gehen beide Institutionen allerdings verschiedene Wege.

Im Juli 2013 hat die Kommission einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der darauf hinwirkt, die sogenannten Interbankenentgelte zu deckeln. Interbankenentgelte (Multilateral Interchange Fees, MIF) sind Gebühren, die die Bank des Händlers (Acquirer) an die Bank des Karteninhabers (Issuer) für jede Transaktion zahlen muss. Diese Kosten werden an den Handel weitergereicht. Frühere Berechnungen des HDE ergaben, dass der Anteil der MIF an den Gesamtkosten des Handels zur Kartenakzeptanz etwa 85-90 Prozent ausmacht. Für Kreditkartenzahlungen dürfen die MIF maximal 0,3 Prozent des Umsatzes betragen, für Debitkarten maximal 0,2 Prozent. Das EU-Parlament hat in seinem Beschluss zudem eine Deckelung für Debitkartengebühren auf maximal 7 Cent vorgeschlagen. Kommt eine Einigung im Trilogverfahren zwischen Rat, Parlament und Kommission zustande, könnte die Verordnung Anfang 2015 in Kraft treten und nach der festgelegten Umsetzungsfrist wirksam werden. Begleitet wird die Verordnung von einem Vorschlag zur Neufassung der Zahlungsdienste-Richtlinie, die weitere Details regelt.

Mit dem MIF-Vorschlag wird den langjährigen Forderungen des HDE und seinem europäischen Handelsverband EuroCommerce Rechnung getragen, der bereits seit den 90er-Jahren gegen die wettbewerbsbeschränkende Entgeltpolitik von Mastercard und Visa geklagt hatte.

Die möglichen Auswirkungen auf die Akzeptanz im Handel sind noch nicht eindeutig absehbar, da noch an den Details der Verordnung gearbeitet wird. Werden die folgenden Forderungen des HDE jedoch umgesetzt, ist mit deutlichen Entlastungen für Handel und Verbraucher zu rechnen: 

  • Alle Karten und alle Zahlungssysteme müssen in den Anwendungsbereich fallen, um Ausweichstrategien zu verhindern. In jedem Fall sollte auch das Girocard-Verfahren eingeschlossen werden (s.u.).
  • Die Höhe der Deckelung muss klar geregelt und transparent sein. Basierend auf kartellrechtlichen Ermittlungen und bereits bestehenden Vergleichen mit der Kartenindustrie wurde mit dem Vorschlag ein guter Kompromiss gefunden.
  • Zahlungssystemanbieter müssen ihre Netze auch für dritte Dienstleister öffnen, damit sie alternative Zahlungsdienste ausführen oder unterstützen können. Dabei muss ausdrücklich – wie im ersten Entwurf der Kommission enthalten – die Kartenzahlung einbezogen werden und darf nicht auf das Onlinebanking beschränkt sein.

Insgesamt sind die Pläne zur MIF-Verordnung und zur Neufassung der Zahlungsdiensterichtlinie ein guter Schritt hin zu mehr Wettbewerb und vor allem mehr Kostentransparenz.

Ein anderer Ansatz

Das Bundeskartellamt verfolgt trotz ähnlicher Ausgangssituation einen grundsätzlich anderen Ansatz. Auch bei dem deutschen Girocard-Verfahren handelt es sich um ein mächtiges Zahlungssystem, bei dem bislang die Gebühren in ungerechtfertigter Höhe zentral festgelegt wurden. Aber anders als die Kommission will das Amt die Bankenseite zur Aufnahme von Entgeltverhandlungen mit der Akzeptanzseite verpflichten.

Die Deutsche Kreditwirtschaft hat sich im April mit dem Kartellamt auf einen Fahrplan geeinigt. Dieser sieht vor, dass ab dem 1. November 2014 ausschließlich vorher verhandelte Transaktionen stattfinden dürfen. Für mittelständische Händler sollen sogenannte Konzentratoren die Verhandlungen übernehmen (z.B. Netzbetreiber oder Zusammenschlüsse von Händlern). Allerdings stehen in der kurzen Frist bis November voraussichtlich noch keine Abrechnungsstrukturen zur Verfügung, die unabhängigen Konzentratoren die Umsetzung ermöglichen. Somit bleibt es zunächst wohl den Netzbetreibern überlassen, ein akzeptables Angebot für ihre Kunden auszuhandeln. Ohnehin sind die Banken aus nachvollziehbaren Gründen nicht sonderlich motiviert, niedrigere Entgelte zu vereinbaren und bieten dem Vernehmen nach nur wenig attraktive Konditionen an. Sie wissen, dass dem Handel keine Wahl bleibt, als die Angebote zu akzeptieren. Das vom Kartellamt angeführte elektronische Lastschriftverfahren (ELV) kann hier keine 100-prozentige Alternative bieten; es wird heute in der Regel im Mischverfahren verwendet.

Das Ergebnis könnten also Scheinverhandlungen sein, die dem Handel keine wesentlichen Einsparungen bringen und nur kosmetisch wirken, um das Kartellamt zu befrieden. Konzerne und Großunternehmen konnten übrigens schon seit Längerem Sonderkonditionen vereinbaren. Für sie stellt die neue Situation keine grundsätzlich neue Lage dar.

Aus Sicht des Handels muss daher mehr geschehen als der Aufruf zur Verhandlung von Entgelten, die im Ergebnis nicht zu kostenbasierten Preisen führen. Zwar ist die Vorgabe einer Verhandlungsoption ein guter erster Schritt. Am Ende geht aber kein Weg daran vorbei, die europäische Regulierung zur Entgeltdeckelung auch auf die Girocard auszudehnen. Auch eine qualitative Aufwertung des ELV ist zu prüfen, damit hier ein echter Wettbewerb entstehen kann.

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Autor Ulrich Binnebößel ist Referent Zahlungssysteme beim Handelsverband Deutschland – HDE, Berlin.

Weitere Informationen: www.einzelhandel.de

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