Herr Zeidler, welche technischen Möglichkeiten gibt es für Unternehmen, um beim Wareneinkauf Vorteile zu erzielen?

Es ist ja hinreichend bekannt, dass der Einkauf und das Management der Lieferantenbeziehungen wesentliche Faktoren für den Erfolg von Handelsunternehmen darstellen. Technische Lösungen können bei der optimalen Gestaltung des Einkaufsmanagements unterstützen. Im Bereich der Einkaufskonditionen – besonders bei nachträglichen Vergütungen – muss sichergestellt werden, dass alle mit den Lieferanten getroffenen Vereinbarungen auch verrechnet werden. Dabei ist es egal, ob es sich um einen Bonus, einen Werbekostenzuschuss oder die Finanzierung gemeinsamer, verkaufsfördernder Maßnahmen handelt. Eine zeitnahe Abrechnung wirkt sich hier positiv auf die Liquidität aus. Darüber hinaus kann durch ein gezieltes Controlling der Vereinbarungen bereits während dem Geschäftsjahr steuernd eingegriffen werden. Hierfür müssen die Einkaufskonditionen laufend mit den angefallenen Umsätzen zusammengeführt werden. So kann die Zielerreichung von Staffeln oder anderen Leistungsvereinbarungen zeitnah überprüft werden.

Was bringt die elektronische Verwaltung und Abrechnung von nachträglichen Vergütungen, Rechnungskonditionen und Zuschüssen aller Art?

Voraussetzung für eine erfolgreiche elektronische Unterstützung des Konditionenwesens ist die Vermeidung von Medienbrüchen zwischen Verhandlung und Abrechnung sowie die Integration aller relevanten Informationen und Prozesse. Häufig werden die nachträglichen Vergütungen im Rahmen der Jahresgespräche vertraglich als Freitext festgehalten, die betroffenen Umsätze erst bei Abrechnung der vereinbarten Vergütungen manuell erfasst und die Konditionen zum Beispiel mithilfe von Excel berechnet. Dieser Prozess ist langsam, fehleranfällig und bindet Ressourcen. In einem integrierten System zum Konditionen-Management werden die Konditionen bereits so erfasst, dass sie automatisiert berechenbar sind. Das System erzeugt auf Basis der erfassten Konditionen die Vertragsdokumente zum Jahresgespräch, führt laufend Konditionen und Einkaufsumsätze zusammen, erstellt Prognosen zu den erreichten Staffeln und stellt sicher, dass jede Vereinbarung zeitnah abgerechnet wird. Auch eine unterjährige Abrechnung der Konditionen wird so ohne Mehraufwand möglich. Durch die Möglichkeit, Handelsmargen unter Berücksichtigung aller Einkaufskonditionen zeitnah auszuwerten, kann mehr Transparenz in den Einkauf gebracht werden. Lieferanten werden vergleichbar und Entscheidungen können auf Basis von wirtschaftlichen Fakten getroffen werden.

Werden Mitarbeiter im strategischen Einkauf durch Softwareeinsatz irgendwann überflüssig?

Die Software muss Mitarbeiter in Ihrer Entscheidungsfindung unterstützen und manuelle, repetitive Arbeit übernehmen. Ich denke nicht, dass Mitarbeiter – gerade im strategischen Einkauf – dadurch überflüssig werden. Das Jobprofil kann sich aber durchaus ändern: Bisher waren im Einkauf häufig gutes Bauchgefühl und zwischenmenschliche Faktoren entscheidend, in Zukunft werden die analytischen Fähigkeiten der Einkäufer vermutlich noch wichtiger. Tatsächliches Einsparungspotenzial gibt es aber in der Bonusabrechnung und in der Buchhaltung. Hier entfallen die mühevolle Zusammenführung von Konditionen und Umsätzen sowie die manuelle Fakturierung an die Lieferanten.

Welche internationalen Trends im Einkaufsverhalten von Einkaufsverbänden und
-gemeinschaften lassen sich feststellen?

Einkaufsmacht spielt nach wie vor eine ganz wesentliche Rolle im Handel, aber sie wird immer weniger zum einzig entscheidenden Faktor. Das reine Ausreizen von Einkaufskonditionen scheint abzunehmen. Strategische Kooperationen und klare Leistungsvereinbarungen zwischen Handel und Industrie liegen im Trend. Der Handel bietet der Industrie die Kontaktstelle zu den Endkunden. In dieser Kette gibt es zahlreiche Leistungen, die der Händler für die Industrie erbringen kann. Vereinbarungen über diese Leistungen bringen der Industrie erkennbaren Mehrwert, hier besteht auch Investitionsbereitschaft. Wachstum und Expansion stellen nach wie vor wichtige Themen in der Zusammenarbeit zwischen Händlern und Industrievertretern dar. Besonders internationale Expansion bietet häufig die Grundlage für weiteres Wachstum. Die dadurch entstehenden, anfangs kleinen Landesgesellschaften müssen für die Konditionsverhandlung und -abrechnung unter ein Dach gebracht werden. Nur so kann über das gesamte Volumen verhandelt werden. Auch diese Bündelung und Abrechnung muss durch ein integriertes System zum Konditionenmanagement gewährleistet sein.

Foto: Fotolia / Eisenhans 

Das Interview führte Lukas Lechner.

Weitere Informationen: www.ibb-as.com