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Euronics Kraus in Kempten (Foto: Euronics)

Einer für alle?

Im stationären Geschäft gelten Preisentscheidungen nach wie vor oft als Chefsache und werden nur selten revidiert. Doch die Preistransparenz im Internet führt online wie offline zu mehr Preisdynamik. Die Elektrogeräte-Einkaufsgenossenschaft Euronics unterstützt ihre Mitglieder jetzt mit Software-basierten Preisvorschlägen.

Laufend an aktueller Nachfrage und Wettbewerbssituation ausgerichtete Preisänderungen, wie sie bei großen E-Commerce-Anbietern heute üblich sind, stellten für die 1.400 selbstständigen großen und kleinen Euronics-Händler bislang eher die Ausnahme dar.

Spätestens mit dem 2015 erfolgten Ausbau der Website euronics.de zum Online-Marktplatz haben sich die Rahmenbedingungen jedoch geändert. Rund 270 Mitglieder betreiben auf der zentralen Online-Plattform inzwischen ihren eigenen Onlineshop. Preise und Verfügbarkeiten sind für die Kunden mit wenigen Klicks zu ermitteln und zu vergleichen. Statt der üblichen 3.000-5.000 Artikel im Euronics-Fachgeschäft können Mitglieder jetzt online bis zu 80.000 Artikel anzeigen und verkaufen.

Um bei Bedarf Tausende von Preisänderungen kurzfristig umzusetzen, sind zuverlässige Automatismen erforderlich. In der Euronics-Zentrale in Ditzingen erfolgte deshalb die Suche nach einem wirtschaftlich sinnvollen, gut skalierbaren Pricing-Konzept. Vor welchen Hürden eine Einkaufsgemeinschaft beim Aufbau einer zentralen Pricing-Lösung im Vergleich zu einem Filialunternehmen steht, erläuterte Raphael Béguin, Leiter des Bereichs Business Development, auf den EHI Technologietagen 2017 in Düsseldorf.

So sind aus kartellrechtlichen Gründen verbindliche zentrale Preisvorgaben an die Mitglieder nur in Ausnahmefällen zulässig. Damit automatisch generierte Preise kartellrechtlich unbedenklich sind, müssen die Mitglieder sie also problemlos ablehnen oder anpassen können. Ohnehin passt nicht ein Preis für alle. Die einzelnen Mitglieder verfolgen unterschiedliche, individuelle Preisstrategien. Während beispielsweise ein großer Fachmarkt in seinem Einzugsgebiet die Preisführerschaft anstrebt, ist der Preis für zahlungskräftige Kunden eines Spezialisten im Premium-Segment kein primäres Kaufkriterium. Last, but not least kann Euronics laut Béguin bei vielen Artikeln den Einkaufspreis gar nicht als Kalkulationsgrundlage für ein zentrales Pricing-System heranziehen, denn zumindest im Fremdgeschäft hätten viele Mitglieder mit den Lieferanten individuelle Konditionen ausgehandelt, zum Beispiel zusätzliche Boni oder Rabatte, welche die Euronics-Zentrale nicht kennt, so Béguin.

Individuelle Preisstrategien

Auf der Suche nach einer geeigneten Lösung standen unterschiedliche Konzepte auf dem Prüfstand, darunter auch künstliche Intelligenz. KI-basierte Dynamic-Pricing-Lösungen, beispielsweise von Blue Yonder, Prudsys oder Revionics können aus einer nahezu grenzenlosen Anzahl von Parametern komplexe Preis-Absatz-Funktionen berechnen. Theoretisch kann der Algorithmus also individuelle Preisstrategien der einzelnen Mitglieder berücksichtigen. Doch ein System, das 1.500 verschiedene Preise pro Produkt generiert, ist nicht nur sehr teuer, sondern auch sehr intransparent.

Die Alternative zu Dynamic Pricing sind klassische regelbasierte Systeme zur Preisermittlung, wie sie verschiedene Filialisten entweder als Standardsoftware oder als Eigenentwicklung betreiben. Doch auch diese haben für eine Einkaufsgenossenschaft Nachteile: Entweder besteht die Gefahr, dass die anhand eines zentralen Regelwerks ermittelten Preisvorschläge nicht zur Preisstrategie und den Einkaufspreisen des jeweiligen Mitglieds passen. Oder es müsste jedes Mitglied in Eigenregie ein sehr umfangreiches eigenes Regelwerk entwickeln und pflegen.

Mischkonzept

Euronics hat sich deshalb für eine Kombination aus individueller und lokaler Preisberechnung entschieden. Mittels einer selbstentwickelten Software werden heute in der Zentrale regelbasierte Preisvorschläge berechnet und, ähnlich wie die unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller, elektronisch ins Warenwirtschaftssystem der Mitglieder übermittelt.

Im zweiten Schritt kann jeder Euronics-Händler die zentral vorgeschlagenen Preise mittels eigener, im WWS hinterlegter Regel individuell anpassen. Bereits mit wenigen individuellen Regeln komme jedes Mitglied auf diese Weise automatisch zu sinnvollen Verkaufspreisen, so das Fazit bei Euronics. Im Praxiseinsatz habe sich sogar herausgestellt, dass viele Händler teilweise höhere Preise erzielen können, als sie zuvor ohne Software kalkuliert hatten.

Um Preise nicht nur online, sondern auch auf der Fläche schnell zu ändern, wird Euronics seine Mitglieder 2018 bei der Einführung elektronischer Preisschilder unterstützen. Künftig sollen zudem mehrere Preisvorschläge pro Artikel übermittelt werden, beispielsweise der niedrige Werbepreis,der gängige Marktpreis aufgrund von Marktbeobachtungen und der Preis mit hoher Marge.

Foto: Euronics

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

Regelbasiertes Pricing mit Standardsoftware

Regelbasiertes Pricing ist auch als Standard-Software erhältlich. Wie so ein System funktioniert, erläutert Jan Vallée, Head of Productmanagement Pricing bei Tarent Solutions in Bonn anhand der hauseigenen Lösung „Rupio“.

Welche Daten nutzt Ihre Software?

„Rupio“ ist darauf ausgelegt, alle preisrelevanten Informationen wie Absatzmengen, Wettbewerbspreise oder Preiselastizitäten zu verwenden. Die Daten werden aus der bestehenden Infrastruktur des Kunden in das „Rupio“-eigene Data-Warehouse importiert und dort als Attribute mit den jeweiligen Artikeln verknüpft. So können die Informationen für Preisvergleiche verwendet werden.

Welche Preisregeln gibt es?

Die Preisregeln können die Kunden flexibel definieren und anlegen. Rupio beinhaltet standardmäßig ein Regelwerk, das wichtige Preisregeln aus den folgenden Bereichen umfasst: „Cost Plus“, eine kostengetriebene Preiskalkulation, bei der spezifische Margen erreicht werden sollen, „Competiton based“, eine Preiskalkulation, bei der Wettbewerbspreise berücksichtigt werden, „Value based“, eine Preiskalkulation, bei der spezifische Artikelattribute wie Qualität oder Güte berücksichtigt werden sowie „Rounding“, also Rundungsregeln, um beispielsweise Schwellenpreise zu erzielen.

Wie berücksichtigen Sie Preiselastizitäten?

Neben diesem Standard-Set können auch Preiselastizitäten in Preisregeln verwendet werden. Dazu müssen historische Abverkaufsmengen und Verkaufspreise bereitgestellt werden. Über die Benutzeroberfläche kann der Anwender dann pro Artikel Preisregeln definieren, um wahlweise die Absatzmenge oder den Profit zu maximieren. Die tatsächlichen Abverkäufe nach solch einer Preisänderung können wiederum in die Feinjustierung der Elastizitätskurve einfließen.

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