Proximity-Technologien: Einfach mal anfangen | stores+shops

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(Foto: Fotolia/Montri)

Proximity-Technologien: Einfach mal anfangen

Sogenannte Proximity-Technologien wie Beacons, NFC und Geofencing ermöglichen den digitalen „Brückenschlag“ zum Kunden auf der Verkaufsfläche. Die Verbreitung kommt zumindest in Deutschland nicht so recht voran. Fachleute stellen dar, welche Möglichkeiten diese Technologien bieten können.

In ihren Filialen in New York und Los Angeles bietet die Modemarke True Religion ein Einkaufserlebnis wie weiland bei Tante Emma: Das Verkaufspersonal grüßt Kundinnen und Kunden mit Namen, ist sofort über Größen und frühere Käufe im Bilde und bekommt eine Idee von den Wünschen und Vorlieben der Kundschaft. Verkaufs- und Beratungsgespräche beginnen somit auf einem hohen Niveau. Die Anonymität der Kunden hat True Religion aufgehoben – mit Technologie.

Das Unternehmen hat es geschafft, alle kundenrelevanten Daten zusammenzuführen, sowohl aus den digitalen Kanälen wie aus dem Store. Wenn ein registrierter Kunde den Laden betritt, wird er über das Zusammenspiel des Smartphones mit den Beacons im Geschäft identifiziert. Das Personal erhält sofort alle Informationen über den Kunden auf seine Apple-Watch. So kann eine Kundin, die einen Laden noch nie betreten hat, in Empfang genommen werden, als wäre sie dort bereits Stammgast: „Oh hi Mrs. Smith, good to see you.“  

Was True Religion in den ausgewählten Outlets möglich gemacht hat, stellt so etwas wie den „Heiligen Gral“ der digitalen Transformation im Einzelhandel dar: Alle Kundendaten sind kanalübergreifend verfügbar. Sogenannte Proximity-Technologien wie Beacons, NFC und Geofencing funktionieren als Teil des Gesamtsystems und bilden kein Daten-Silo. Das englische Wort Proximity bedeutet „Nähe“, hier also Nähe zum Kunden. Ihr Einsatz intensiviert am Point of Sale die Interaktion mit den Kunden und erzeugt gleichzeitig neue Daten und damit neues Wissen, das wiederum dem ganzen Unternehmen zugutekommt.

„Der Datenfluss funktioniert nahtlos, und das finden Kunden und Verkäufer klasse. Sie haben dadurch bei True Religion ein besseres Einkaufserlebnis“, schwärmt Tanja Kruse Brandao, Initiatorin und Sprecherin der Smart Media Alliance und Leiterin des Proximity-Labs des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW). Sie ist überzeugt: „Die Kunden suchen geradezu den Kontakt. In der Experience steckt das größte Potenzial. Ich sehe ein Problem bei den Agenturen, hier fehlt es manchmal an Phantasie, die veränderten Kundenanforderungen mithilfe von Technologien zu erfüllen.“

Smartphone als Grundlage

Der Einsatz von Proximity-Technologien kommt im deutschen Einzelhandel kaum über das Projektstadium hinaus. Zehn Jahre nach der Präsentation des ersten iPhones durch Steve Jobs sind die Smartphones unentbehrliche Begleiter, für viele Menschen sogar Verlängerungen des eigenen Ichs geworden. Um Handys dreht sich bei den Proximity-Technologien alles: ‚

  • Die GPS-Funktion erlaubt Geofencing, das heißt, Händler können die Kunden gezielt ansprechen, wenn sie in die Nähe eines Geschäfts oder Einkaufscenters kommen. ‚
  • Die Bluetooth-Funktion ermöglicht die Interaktion mittels Beacons und Apps. ‚
  • Über QR-Codes gelangen die Kunden auf einfachem Wege zu weiterführenden Informationen. 
  • Die Funktechnologie Near Field Communication (NFC) verlinkt die Kunden ebenfalls mit internetbasierten Informationen und Services. Die Reichweite beträgt nur wenige Zentimeter. NFC gilt als Schlüsseltechnologie für Mobile Payment.

Wie in den Jahren zuvor, gab es auch in 2016 wieder spannende Piloten zu diesen Technologien. So wurden die Kölner Stadtteile Sülz und Klettenberg im Herbst für 8 Wochen zu „digitalen Vierteln“, um mit von Proximity-Lösungen neue Formen des standortbezogenen Marketings zu erproben. An dem Versuch waren u.a. Rewe und die Gelben Seiten beteiligt. Der Modehändler Esprit hat seine österreichischen Filialen mit Beacons ausgestattet, und Markenartikler erproben die Möglichkeiten smarter Verpackungen. Kunden des Rewe-Lieferservice in Köln können beispielsweise Waschmittel nachbestellen, indem sie ihr Handy mit einem NFC-Tag auf der Verpackung verbinden. Doch: Die meisten Projekte bleiben im Projektstadium hängen. Der große Rollout lässt weiter auf sich warten.

Quelle: PwC Total Retail 2016 – der Wettlauf um die Relevanz

Quelle: PwC Total Retail 2016 – der Wettlauf um die Relevanz

„Viele Einzelhändler versuchen, digitalen Kundenservice irgendwie auf die Fläche zu bringen, aber das ist alles noch im Experimentierstadium“, so Marcus Ambrus, Geschäftsführer von Plan Net Business Intelligence. Seine Erklärung: „Alle sehen diese tollen Showcases aus den US A. Und alle denken: ,Wow, was für eine tolle Technologie’. Aber an der liegt es gar nicht, sondern am Pragmatismus der Amerikaner.“ Einfach mal anfangen – das ist mit deutscher Unternehmenskultur eher selten vereinbar. „Viele Unternehmen wollen alles zu 100 Prozent am Reißbrett planen. Das funktioniert für digitale Projekte nicht“, erklärt Tanja Kruse Brandao, „besser ist: klein starten, lernen und schnelle Fortschritte realisieren.“ Zumal aus Sicht von Prof. Dr. Jörg Funder, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Internationales Handels- und Distributionsmanagement (IIHD) an der Hochschule Worms die Zeit drängt: „Zwar reden alle von der Shopper- oder Customer-Journey, aber das sind Modeworte. In Wahrheit herrscht bei vielen blankes Unverständnis“, so seine Einschätzung.

Eine gemeinsame Studie des II HD und der Unternehmensberatung Bearingpoint mit dem Titel „Revolution Retail 4.0“ ergab, dass in deutschen Handelsunternehmen die Kundendaten nicht über alle Kanäle synchronisiert werden. Dabei gibt laut Jörg Funder vom II HD das veränderte Kundenverhalten genau diese Richtung vor: „In der digitalen Transformation geht es darum, dem Kunden in einer Eins-zu- eins-Beziehung zu begegnen. Längst sagt uns der Kunde, wie er einkaufen möchte. Er beweg sich ständig zwischen digitaler und physischer Welt hin und her.“

Der Digitalverband BVDW hat aus der Studie „Connected Life 2016“ des Marktforschungsunternehmens TNS Kantar herausdestilliert, dass sich gut ein Viertel von insgesamt 40 Touchpoints mit Proximity-Technologien digitalisieren lässt. „Wir sehen die Entwicklung, dass Unternehmen die gesamte Customer Journey allein mit einer einzigen Technologie bewältigen wollen. Das funktioniert natürlich nicht“, so Tanja Kruse Brandao.

Der Erfolg von Proximity-Lösungen scheint dabei erst in zweiter Linie eine Frage der Technologie zu sein. „Wir brauchen eine neue Perspektive im Datenmanagement. Entscheidend sind Organisation und Prozesse. Die Händler, aber auch die Anbieter sind viel zu schnell bei Daten und Technologie“, so Marcus Ambrus.

Foto: Fotolia/Montri

Grafik: PwC Total Retail 2016 – der Wettlauf um die Relevanz

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

Es geht um mehr als die Technologie

Marcus Ambrus, Geschäftsführer von Plan Net Business Intelligence, über Barrieren für Proximity-Lösungen im Speziellen und die für Digitale Transfomation des Handels im Allgemeinen.

Worin liegt für Einzelhändler die größte Herausforderung der digitalen Transformation?

Marketing, Flächen, Zahl der Filialen, Besucher und Transaktionen – in diesen klassischen Themen mit einem begrenzten Universum an Daten sind die Handelsunternehmen kompetent. Aber mit der Digitalisierung und dem E-Commerce sind schmerzhafte Felder hinzugekommen, allein weil sich die Zahl der Produkte mal locker von 20.000 auf teilweise 300.000 Produkte vervielfacht. Es gibt viel mehr Preisbewegungen, und die sind anstrengend und tun weh. Die Preise werden für Tausende von Produkten mehrfach am Tag angepasst.

Mithilfe von Proximity-Lösungen lässt sich die Customer Journey digitalisieren.

Viele versuchen, digitale Kundenservices irgendwie auf die Fläche zu bringen. Das ist noch im Experimentierstadium, es zeigt sich nicht immer gleich der echte Kundennutzen. Die wenigen zentral organisierten Einzelhandelsunternehmen haben es recht leicht, die Transformation umzusetzen. Aber bei dezentralen Unternehmen mit ihren unterschiedlichen Beteiligungsformen ist es schwieriger.

Was braucht es aus Ihrer Sicht, um digitale Innovationen im Handel voranzubringen?

Eine neue Perspektive im Datenmanagement. Entscheidend ist nicht die Technologie, sondern es sind Organisation und Prozesse. An dieser Stelle kommt die Transformation häufig ins Stocken. Die Händler, aber auch die Anbieter sind viel zu schnell bei Daten und Technologie.

Studien zum Download

Der Leitfaden „Proximity Solutions – Smarte Technologien für digitaleTouchpoints“ steht auf der Website des BVDW zum Download:

http://www.bvdw.org/presseserver/Mobile/BVDW_Leitfaden_ProxiSolu_160909.pdf

Die Studie „Retail Revolution 4.0“ kann auf der Internetseite von Bearingpointheruntergeladen werden:

http://www.bearingpoint.com/de-de/news-room/pressemitteilungen/studie-revolution-retail-40/

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