Beacons: Wie der Fuchsschwanz an der Antenne? | stores+shops

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Welchen Nutzen hat die Beacon-Technologie? (Foto: Beaconinside)

Beacons: Wie der Fuchsschwanz an der Antenne?

Nutzen und Sinn der Beacon-Technologie haben sich vielen Einzelhändlern noch nicht erschlossen. Auch drei Jahre nach der Markteinführung bleibt die Branche zurückhaltend. Ein Zwischenfazit.

Als Apple 2013 seine iBeacons vorstellte, schien der Brückenschlag zwischen stationärem Handel und digitaler Welt zum Greifen nah. Endlich wurde es möglich, den Kunden direkt und digital anzusprechen, vor und im Laden. Beacons, Bluetooth und Apps, so die euphorische Erwartung, ermöglichten neue Servicekonzepte, die denen der „amazonisierten“ Onlinekonkurrenz kaum nachstünden. Weltweit starteten Einzelhändler Testläufe, um die Möglichkeiten der neuen Technologie auszuloten. Daten- und analysengetriebene Handelsunternehmen wie der US-amerikanische Warenhauskonzern Macy‘s gingen sogar schnell in die Vollen: Bereits im Jahr 2014 stattete Macy‘s seine mehr als 4.000 Filialen mit Beacons aus. Wie bei vielen deutschen Einzelhändlern auch, darunter Douglas, Karstadt oder Gravis, diente dabei das unternehmensübergreifende Bonusprogramm Shopkick als Katalysator.

Ob ich einen Kunden mit Beacons in den Laden locke, ist doch fraglich.

Prof. Gerrit Heinemann

Leiter E-Web-Research-Center, Fachhochschule Niederrhein

Die Euphorie war groß, und die junge Technologie erreichte schnell eine Ausnahmestellung – allerdings nicht im Markt, sondern auf dem Gipfel überzogener Erwartungen. Diese Ansicht vertritt das Marktforschungsinstitut Gartner, das den Lebenszyklus von Innovationen in seinen „Hypecycles” verfolgt. Noch drastischer fällt die Einschätzung von Professor Gerrit Heinemann aus. Der Leiter des E-Web-Research-Centers der Fachhochschule Niederrhein versteht den zeitweiligen Rummel um die Beacons überhaupt nicht: „Sie sind wie der Fuchsschwanz an der Antenne. Ob ich einen Kunden mittels Beacons in den Laden locke, ist doch fraglich. Da kann der Händler auch wie früher einen Kaffee vor der Tür anbieten.“

Solch harsche Kritik an der Idee, mithilfe von Beacons sowohl Kundenfrequenz als auch Kundenbbindung zu erhöhen, ist zwar eher selten zu hören. Aber fest steht: Der deutsche Einzelhandel bleibt in der Bewertung der neuen Technologie erstens zögerlich und zweitens uneins. Zuweilen sogar konzernintern. Während die Rewe-Supermärkte Beacons „weder aktuell noch in absehbarer Zukunft“ einsetzen wollen, gehört die Discount-Schwester Penny als Partner von Shopkick zu den ersten Anwendern in Deutschland. Alles in allem übt sich der Markt weiter in einer Zurückhaltung, die auch in Umfragen zum Ausdruck kommt: „Unsere IT-Trend-Studie zeigt ein ernüchterndes Bild“, berichtet Çetin Acar, Projektleiter im Forschungsbereich IT des EHI, „15 Prozent der Befragten nutzen Beacons bereits, und elf Prozent planen ihren Einsatz. Aber der großen Mehrheit ist die Technologie noch nicht relevant genug.”

Katharsis

Wenn man der Entwicklungskurve im Gartner‘schen „Hypecycles“ folgt, dann durchläuft die Technologie jetzt eine Karthasis. Sie muss das tiefe Tal der Enttäuschung überwinden, bevor sie über ermunternde Erfolge ein produktives Niveau erreichen kann. Das klingt abstrakt, trifft aber den Punkt. „Der Knackpunkt ist: Welchen Mehrwert biete ich dem Kunden? Ohne Mehrwert erzeuge ich keine Durchdringung“, so Acar.

Kein Wunder, dass sich der Einzelhandel weiter im Testmodus befindet. Es gilt, den „Sweet Spot“ der Kunden zu finden: Was animiert ihn, überhaupt die App des Händlers herunterzuladen oder die Bluetooth-Funktion seines Handys einzuschalten? Welche Angebote bewegen ihn, in den Laden zu gehen? Welche Leistungen verbessern sein Kundenerlebnis signifikant?

Beacons sind eine sinnvolle Technologie mit realistischen Anwendungsszenarien.

Michael Kappler

Geschäftsführer Beaconinside

Eine Antwort darauf sucht auch das Modeunternehmen Esprit, das in diesem Jahr sein gesamtes österreichisches Filialnetz zum Testmarkt erklärt hat. An den 20 Esprit-Standorten kommen über 150 Beacons zum Einsatz; sie sind am Eingang, im Kassenbereich und anderen zentralen Orten einer Filiale zu finden. Die teilnehmenden Kunden werden mit fünf verschiedenen Kampagnen bespielt, können im Bonussystems „Epoints“ sammeln und nicht verfügbare Größen direkt online bestellen. Diese Scan-and-Shop-Funktion wird über einen Beacon-Impuls ausgelöst und integriert den stationären Esprit-Store und den Onlineshop.

„Nach der Hype-Phase zeigen Beispiele wie Esprit, dass Beacons eine sinnvolle Technologie mit realistischen Anwendungsszenarien sind“, erklärt Michael Kappler, Geschäftsführer von Beaconinside, „vor allem im Zusammenspiel mit weiteren Technologien.“ Bluetooth-Beacons mit ihrer Reichweite von bis zu 50 m schließen die Lücke zwischen GPS und NFC. Via GPS wird der Kunde weiträumig geortet, zum Outlet geführt und mittels Geofencing im geeigneten Moment angesprochen. Die Kommunikation über NFC hingegen überbrückt nur wenige Zentimeter und kommt beispielsweise beim E-Payment via Smartphone zum Einsatz.

Vor allem aber bescheren Beacon-Konzepte den Einzelhändlern Daten: über das Kaufverhalten und die Vorlieben der Kunden, aber auch über ihre Wege durchs Geschäft sowie ihre Verweildauer an bestimmten Punkten. Dadurch wird sogar Re-Targeting im Outlet und am Regal möglich, wie ein türkischer Anbieter von Baby- und Kleinkindausstattung zeigt. „E-Bebek hat in jedem Store etwa 50 Beacons installiert”, berichtet Kappler, „das Management weiß, welcher App-Nutzer sich in der Filiale wo aufhält und kann ihm individuelle Angebote unterbreiten.“

Kundendaten

Möglicherweise hat Kaufland Ähnliches im Sinn. Bei einem britischen Hersteller orderte das Unternehmen jüngst elektronische Regaletiketten, die auch über eine Beacons-Option verfügen. Stellung nehmen möchte das Unternehmen aber dazu nicht.

Ob sich der Einsatz von Beacons lohnt, hängt davon ab, wie sie in die Customer-Experience eingebettet sind. Nur in diesem Kontext kann ein Handelsunternehmen entscheiden, ob die Resultate eher für ein „halb volles“ oder „halb leeres“ Glas stehen. Auswertungen verschiedener Testläufe zeigen, dass durchschnittlich 20-25 Prozent der registrierten Nutzer eine App auch öffnen. Sie reagieren vor allem auf Coupons und Angebote. Zwischen zehn und 20 Prozent gehen tatsächlich in einen Laden, wenn sie vor der Tür angefunkt werden.

Aber bei diesem Status quo wird es nicht bleiben. Die Möglichkeiten erweitern sich ständig. Längst ist Apple nicht mehr der einzige Anbieter dieser Technologie. Mit „Eddystone“ hat beispielsweise Google Beacons auf den Markt gebracht, die der Idee des „Physical Web“ folgend die Kunden direkt auf eine Website führen.

„Beacons sind nicht die große Lösung, um den stationären Einzelhandel mit der digitalen Welt zu verbinden“, zieht Gerrit Heinemann ein Fazit. „Sie decken allenfalls Teilaspekte in einem Gesamtkonzept ab.“ Anders gesagt: Technologie ist nicht alles. Entscheidend ist die Idee.

Foto: Beaconinside

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

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