Kunde erwartet Service-Set | stores+shops

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Knapp 350 Teilnehmer besuchten die EHI Omnichannel Days 2016 in Köln. (Foto: EHI/Axel Schulten)

Kunde erwartet Service-Set

Immer mehr Händler bieten ihren Kunden das nahtlose Einkaufen über verschiedene Kanäle an. Die Strategie steht, doch bei der operativen Umsetzung der Omnichannel-Strategie sind noch viele Baustellen zu bearbeiten, allen voran in den Bereichen Digital Services, Logistik und Fulfillment.

John Lewis weiß, wie Omnichannel funktioniert. Das englische Handelsunternehmen, das 46 Warenhäuser und rund 300 Supermärkte betreibt, erzielt rund 30 Prozent seines Umsatzes über das Internet, in der Vorweihnachtszeit sind es sogar 40 Prozent. Mark Lewis, Head of Omnichannel Customer Ordering bei John Lewis in Großbritannien, bestätigte in seinem Vortrag auf den EHI Omnichannel Days 2016 die Erfahrungen vieler Omnichannel-Händler, dass Mobile der am stärksten wachsende Online-Absatzkanal ist. Ein besonderes Augenmerk legt das Unternehmen auf den Retourenprozess. Die Rückgabe von Artikeln sei innerhalb von 90 Tagen möglich. 50 Prozent aller online bestellten Produkte werden von den Kunden in den Filialen abgeholt.

Bei Ernsting’s Family werden rund 70 Prozent der online bestellten Waren in den Filialen abgeholt. (Foto: Ernsting’s Family)

Bei Ernsting’s Family werden rund 70 Prozent der online bestellten Waren in den Filialen abgeholt. (Foto: Ernsting’s Family)

Auch deutsche Filialunternehmen sammeln positive Erfahrungen mit Click & Collect-Services. Bei Saturn Connect, dem neuen urbanen Kleinformat der Elektronik-Fachmarktkette Media-Saturn, hat der stationär einkaufende Kunde über Online-Stelen und Tablet-PC Zugriff auf über 250.000 Produkte im Onlineshop. Bestellte Produkte werden zugesendet oder sind innerhalb von ein bis zwei Tagen im Store abholbereit, berichtete Carina Brederlow, Geschäftsführerin von Saturn Connect.

Bei der Parfümerie Douglas bezahlen zwei Drittel der Kunden, die online bestellt haben, in der Filiale. Dies bringt zusätzlich Frequenz in die Filialen und eröffnet Chancen für Zusatzumsätze, sagte Jens Diekmann, Crosschannel & Business Development Manager bei Douglas.

Die 960 unabhängigen Fahrradhändler, die der Verbundgruppe ZEG angeschlossen sind, vertreiben nach den Worten von Daniel Huelsmeyer das perfekte Omnichannel-Produkt. Kunden konfigurieren ihr neues Fahrrad online zu Hause und holen es beim nächstgelegenen Händler ab. Vor der Inbetriebnahme werden die Zubehörteile und Einstellungen individuell angepasst. So bequem dieser Service für die Kunden ist, so mühselig sei es für die ZEG-Verantwortlichen, die angeschlossenen Händler vom Nutzen des Online-Kanals zu überzeugen, berichtete Huelsmeyer. Bislang beteiligen sich 250 Händler an dem Omnichannel-Projekt der Verbundgruppe.

Zusatzumsätze über Click & Collect

Der Vorteil des Services, so die einhellige Meinung, bestehe darin, Zusatzumsätze über den Online-Kanal zu generieren. Der Besuch im Store inspiriert die Online-Käufer, Impulskäufe im Store zu tätigen. Für diesen Benefit nehmen die Händler auch den erhöhten Aufwand am POS in Kauf wie etwa das Vorhalten von Stauraum für die abholbereiten Pakete. Die entstehenden Kosten mit einem Aufschlag für das Abholen bestellter Artikel auszugleichen, sei für die Omnichannel-Händler keine Option.

Ungeachtet der zunehmenden Zahl an Omnichannel-Projekten befindet sich der Einzelhandel derzeit noch in einer frühen Phase des Transformationsprozesses. Das „Omnichannel-Service-Set“ wird von den Kunden erwartet und muss nun umgesetzt werden. Click & Collect, Instore-Bestellmöglichkeiten oder die stationäre Abwicklung von Retouren bergen allerdings noch große Herausforderungen.

Beste Performance an jedem Touch Point

Der Lebensmittelhandel wird bereits im Jahr 2020 rund ein Zehntel seines Umsatzes online abwickeln. Mit dieser gewagten Prognose überraschte Klaus Ballas, Unternehmensberater von Ernst & Young, das Auditorium. Lösungen, die in der Food-Branche rund um die Prozesse der Online-Logistik entwickelt werden, könnten nach Ansicht von Ballas anschließend auch in andere Produktkategorien hineinwirken. Motto: Was künftig in der komplexen Food-Szene funktioniert, verspricht auch in anderen Branchen Potenzial.

Laut Ballas ist es entscheidend, die intelligentesten Touch Points zu identifizieren, also Situationen, in denen innerhalb der Lieferkette ein Kontakt mit den Kunden zustande kommen kann. Stichworte, die in diesem Zusammenhang diskutiert werden, sind Click & Collect, temporäre Paketstationen, Kofferaumbelieferung oder auch Drohnen.

Die Geschwindigkeit der Expansion in Richtung Omnichannel-Anbieter hängt ab von dem zugrundeliegenden Geschäftsmodell, den Prozesskosten und auch der Firmenkultur, machte Holger Henning, Bereichsleiter Logistik beim Modefilialisten Ernsting’s Family deutlich. Das Unternehmen aus dem westfälischen Coesfeld betreibt in Deutschland und Österreich rund 1.800 Filialen, dazu seit 2003 einen Onlineshop. Die Zahl der jährlichen Online-Bestellungen summiere sich aktuell auf rund eine Million. Rund 70 Prozent der bestellten Waren werden in der stationären Filiale abgeholt. Ernsting’s betreibt zwei Logistikstandorte. Die Online-Bestellungen werden in nur einem dieser Lager abgewickelt. Hier gibt es getrennte Pick-Zonen für Online-Bestellungen und Filialbelieferungen. Grund sind unterschiedliche Sortimentsstrukturen und Einsteuerungszeitpunkte. Die Bestellungen werden mit firmeneigenem Fuhrpark innerhalb von zwei Tagen ausgeliefert.

Die Aponeo Deutsche Versand-Apotheke wickelt täglich 3.600 Aufträge in ihrem Berliner Verteilzentrum ab. (Foto: Aponeo)

Die Aponeo Deutsche Versand-Apotheke wickelt täglich 3.600 Aufträge in ihrem Berliner Verteilzentrum ab. (Foto: Aponeo)

Typisch für Ernsting’s Family ist ein schneller Sortimentswechsel: Die Filialen werden täglich mit 40 neuen Styles beliefert. Ebenso viele Artikel „sterben“ gleichzeitig. Das Online-Sortiment ist deutlich breiter als das Sortiment in den Filialen und die Artikel bleiben länger im Angebot. Ernsting’s Family setzte in der Vergangenheit vor allem auf eine manuelle Prozessabwicklung. Henning ließ durchblicken, dass es in diesem Punkt auch künftig nicht zu einem radikalen Wandel kommen wird. Auch wenn die Logistik voraussichtlich im Jahr 2018 an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen wird, plane man neben einer räumlichen Erweiterung keine Investition in Neubau und automatisierte Lösungen. Auch ein Outsourcing der Logistik sei derzeit noch kein Thema. Diskutiert wird jedoch über einen zusätzlichen E-Commerce-Standort.

Eine Online-Bestellmöglichkeit am Point of Sale ist laut Holger Henning ein Must have in Zeiten des Omnichannel-Handels. Das Geschäftsmodell von Ernsting’s Family, das auf dem Eine-Verkäuferin-Prinzip und damit auf einer minimalen Personalbesetzung basiert, lasse diese Möglichkeit allerdings nicht zu. Die Filialmitarbeiterin würde nach Ansicht von Henning überfordert, wenn sie sich neben ihren bisherigen Aufgaben mit der Aufnahme von Online-Bestellungen der Kunden beschäftigen müsste. Die Alternative wäre eine zusätzliche, zweite Verkaufskraft. Das jedoch mache rechnerisch keinen Sinn.

Auch eine spürbare Ausdehnung der Artikelvielfalt durch Zusatzsortimente im Onlineshop – technisch und logistisch kein Problem – kommt laut Henning für Ernsting’s Family nicht in Frage. Denn die Wahrnehmung als Kindermoden-Spezialist könne dadurch verwässert werden. Man wolle nicht alles anbieten, was möglich ist, vor allem dann nicht, wenn die Prozesskosten dagegen sprechen.

Strategische Allianzen geschmiedet

Der Buchfilialist Thalia agiert mit rund 240 Filialen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Man beschäftigt ca. 4.000 Mitarbeiter. Schon im Jahre 1999 startete Thalia mit dem Onlinehandel, zunächst als Teilhaber des Onlineshops www.buch.de. Laut Christoph Maris, Head of Supply Chain Management, hat man ein hohes Lehrgeld bezahlen müssen. Zum einen sei es zu Vorbehalten bei Mitarbeitern gekommen, die „ihren“ stationären Umsatz nicht an den Online-Shop verlieren wollten. Zum anderen sei die Ausgabe eines firmeneigenen E-book-Readers, mit dem man sich gegenüber dem Kindle-Reader des Online-Giganten Amazon positionieren wollte, ein Flop gewesen.

Der Online-Versender Allyouneed baut seinen Lebensmittel-Lieferservice derzeit aus. (Foto: Allyouneed)

Der Online-Versender Allyouneed baut seinen Lebensmittel-Lieferservice derzeit aus. (Foto: Allyouneed)

In einer solchen Gemengelage war es laut Maris notwendig, die eigenen Befindlichkeiten zurückzustellen und sich mit marktstarken strategischen Partnern zu verbinden. Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass die größten Mitbewerber nicht andere stationäre Buchhändler sind, sondern vor allem der E-Commerce allgemein und insbesondere Amazon. Zu dieser Allianz gehören neben Thalia auch der Münchner Buchhändler Hugendubel mit deutschlandweit über 100 Filialen, Club Bertelsmann als Verlag sowie die Telekom als Technologieunternehmen. Gemeinsam launchten die Beteiligten den E-book-Reader „Tolino“. Maris: „Die beste Entscheidung, die wir jemals getroffen haben.“ Der Reader ist so erfolgreich, dass man sich in diesem Marktsegment auf Augenhöhe mit Amazon befindet. „Deutschland ist das einzige Land, in dem Amazon im Markt der E-Book-Reader keine 80 bis 90 Prozent Marktanteil hat.“ Als Konsequenz werde man auch künftig überall dort Kooperationen eingehen, wo man alleine nicht über genügend Durchschlagskraft verfügt.

Als weitere Ziele von Thalia nannte Maris eine Steigerung der „operativen Exzellenz“, eine Verbesserung des Kundenerlebnisses sowie Wachstum an Standorten, an denen Thalia noch nicht hinreichend präsent ist. Für die Logistik bedeute dies die Notwendigkeit, die Vertriebskanäle zu synchronisieren und die digitale mit der physischen Welt zu verbinden. Man prüfe schnellere, zusätzliche Lieferoptionen, die einen noch höheren Lagerumschlag bringen. Es gehe zudem um noch mehr Auswahl und Komfort für die Kunden.

Predicted Shopping

Die Betreiber des zur Deutschen Post DHL gehörenden Online-Supermarktes allyouneedfresh.de (All you need GmbH, Berlin) sehen in einem sogenannten Predicted Shopping das Potenzial zu weiterem Wachstum im Distanzhandel mit Lebensmitteln. Man kenne die Verbrauchsgewohnheiten der Kunden und werde dazu übergehen, bei Basis-Artikeln den Kunden automatisierte Bestellvorschläge zu machen, sagte Jens Drubel, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens. Der potenzielle Käufer kann diesen Vorschlag anschließend per Mausklick bestätigen oder ablehnen.

„All you need“ arbeitet gegenwärtig mit rund 200 Herstellern auf Kommissions- oder Konsignationsbasis. Das Unternehmen, das derzeit sein Liefernetz regional ausbaut, glaubt, mit einer Ausdehnung der Lieferzeitfenster neue Kunden gewinnen zu können. Bislang gab es bei Kurierzustellungen nur die Abendzeitfenster von 18 bis 20 Uhr und von 20 bis 22 Uhr. Künftig sollen Lieferungen ab zehn Uhr vormittags möglich sein. Lebensmittel online kaufen sei aktuell ein starkes Thema vor allen in Kreisen, die Interesse an gutem Essen haben. Laut Drubel ist der Food-Bereich sogar das aktuell am stärksten wachsende Segment im Distanzhandel. Man sieht sich als Vertriebspartner für starke Marken und punktet in besonderem Maße mit Bio- und Fair Trade-Sortimenten.

„Same Day“ muss man leben

Der Versandhändler Amazon setzt Maßstäbe und hat die Kundenerwartung in puncto Belieferung ins Extreme gesteigert. Diese wollen die bestellte Ware schnell, kostenlos und überall geliefert bekommen – nicht nur von Amazon, sondern von Onlinehändlern generell – sagt Patrick Luig, Technischer Leiter bei Aponeo Deutsche Versand-Apotheke, Berlin. Das Unternehmen beschäftigt 85 Mitarbeiter, wickelt täglich 3.600 Aufträge ab und plant für das laufende Jahr einen Umsatz in Höhe von 45 Mio. Euro.

Bei Aponeo hat man sich für ein Pilotprojekt mit Same Day-Belieferungen entschieden, also der Auslieferung bestellter Ware am Tag des Bestelleingangs. Erwartet werden zwar keine höheren Warenkörbe, jedoch sieht man diesen Service als wichtigen Bestandteil von Maßnahmen zur Kundenbindung. Im Rahmen des Pilotprojektes beschränkt man sich auf Berlin. „Same Day“ funktioniert dabei nur dann, wenn bei der Bestellabgabe das Zeitfenster eingehalten wird, die Ware verfügbar ist und der Kunde per Geo-Targeting als „aus Berlin“ identifiziert wurde.

Laut Luig sind aktuell 20 Prozent der Bestellungen Same Day-Aufträge. Normalerweise beträgt die Durchlaufzeit einer Standard-Bestellung rund drei Stunden. Diese muss für „Same Day“ auf eine Stunde reduziert werden. Die Lösung besteht in Express-Bestellungen beim Großhändler und einer Priorisierung des Wareneingangs sowie des logistischen Durchlaufs. Die dafür notwendige Software ist eine hundertprozentige Eigenentwicklung.

Noch wichtiger als eine fehlerfreie Logistik, termingenaue Lieferung, kostenfreier Service und eine enge Abstimmung von Produktangebot, Lieferkette und Logistiklösung sei jedoch der Faktor Mensch. Luig wörtlich: „Die Mitarbeiter müssen ‚Same Day‘ leben.“

Fotos (4): Ernsting’s Family (1), EHI/Axel Schulten (1), Aponeo (1), Allyouneed (1)

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

Schuhfilialist Görtz: Service- und Kostenziele erreicht

Mit einer modernisierten Omnichannel-Logistik will der Hamburger Schuhfilialist Görtz (160 Filialen), seine Position im mittleren und gehobenen Preissegment ausbauen.

Das Projekt wurde im August vergangenen Jahres abgeschlossen. Budget und Termine wurden eingehalten. Auch die Service- und Kostenziele wurden laut Thomas Koopmann, Leiter IT-Prozessmanagement, erreicht. Im Einzelnen:

  • schnellere Laufzeiten bei höherer Prozessqualität
  • niedrigere Kosten (Zielkostenerreichung nach sechs Monaten)
  • höhere Transparenz bezüglich Kundenresponse und Prozessstörungen
  • schnellere Aktions- und Reaktionsmöglichkeiten und
  • Vermeidung von Leerverkäufen.

Zuvor wurde der Onlineshop im Full-Service-Outsourcing als separate Filiale mit eigenem Warenbestand gesteuert. Als „Online-Filiale“ gab es nur begrenzte Möglichkeiten, auf steigende Anforderungen im Online-Markt zu reagieren. Nun aber sei es gelungen, den Online-Schuhhandel mit dem stationären Business zu verbinden. So gibt es heute nur noch einen integrierten Warenbestand für Online und stationären Handel. Das Sortiment, auf das nun online zugegriffen werden kann, hat sich von 80.000 auf gut 400.000 Paar Schuhe verfünffacht.

Die Kommissionier-Prozesse im Lager werden wege-optimiert mit Pick-by-Voice bearbeitet. Der Wareneingang erfolgt automatisiert. Das Lager ist in sechs Bereiche unterteilt. Die 25 Lagermitarbeiter erhalten stets den Kommissionierauftrag mit höchster Priorität. Man arbeitet in einem Zwei-Schichtsystem von sechs bis 23 Uhr. Bestellungen aus Hamburg, die bis 20 Uhr eingehen, können am nächsten Tag zugestellt werden. Im November 2015 habe man in puncto Auslieferung neue Rekorde aufstellen können: Bis zu 9.000 Paar Schuhe verließen täglich das Logisitikcenter.

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