Vom Pure- zum Mixed-Player | stores+shops

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Am 24. und 25. Juni 2015 haben sich in Köln in der Halle Tor 2 gut 230 Omnichannel-Entscheider und Experten aus der Omnichannel- und E-Commerce-Welt getroffen. (Foto: EHI / Hauser)

Vom Pure- zum Mixed-Player

Die digitale Transformation führt bei vielen Handelsunternehmen zu einer strategischen Neuausrichtung mit Konsequenzen für praktisch alle Unternehmensbereiche. Auf den EHI Omnichannel Days ’15 am 24. und 25. Juni in Köln wurde die Tragweite der Veränderungsprozesse einmal mehr deutlich.

Alexander Graf, Geschäftsführer des E-Commerce-Consulting-Unternehmens Spryker Systems, gab in seinem Eröffnungsvortrag ein klares Statement ab: Gegen die Marktdominanz von Amazon ist kein Kraut gewachsen – weder heute noch in absehbarer Zukunft. Keine rosige Perspektive für Omnichannel-Händler mit stationärer Wurzel, von denen es nach Grafs Ansicht bislang ohnehin noch keiner geschafft hat, eine Mehrkanalstrategie erfolgreich umzusetzen. Online-Marktplätze böten aktuell die besten Chancen, vom E-Commerce zu profitieren. Für reine „Pure Player“ würde der Markt hingegen enger, weil sie Probleme haben, die Kunden an sich zu binden. Gute Chancen hätten rabattgetriebene Online-Konzepte und service-orientierte Nischenanbieter. Ein Beispiel ist das Berliner Start-up-Unternehmen Shoepassion. Der Online-Spezialist für hochwertige, handgefertigte Schuhe baut derzeit stationäre Ladenlokale in Metropolen auf. Diese profitieren bereits von der Online-Präsenz des Anbieters: Acht von zehn Kunden, so Tobias Börner in seinem Vortrag, kämen in die Läden, weil sie Shoepassion aus dem Online-Shop kennen.

Der Schweizer Buchdiscounter Ex Libris, ein Tochterunternehmen der Migros AG, hat sich vom (stationären) Pure Player zum Omnichannel-Händler entwickelt. Mehr als die Hälfte des Umsatzes erzielt das Unternehmen, das in der Schweiz 82 Filialen betreibt, über seinen Online-Shop. Dieser arbeitet profitabel, betonte Jürg Bühler, Leiter Business Prozesse bei Ex Libris, in seinem Vortrag. Wichtig sei die Verknüpfung der Kanäle: Von 100 Online-Bestellungen würden 25 in den Filialen abgeholt. Bühler lieferte in seinem Vortrag Beispiele für die Anwendung digitaler Services auf der Fläche. Life-Ticker in den Stores zeigen in Echtzeit an, welche Buchtitel aktuell am häufigsten verkauft werden. Ein Bildschirm an der Kasse informiert darüber, welche Bücher andere Kunden zusätzlich zum gewählten Buch gekauft haben. Verfügbarkeits-Abfragen, Hör-Proben oder Film-Trailer können Ex-Libris-Kunden neuerdings über eine App auf ihrem Smartphone aktivieren. „Bring your own device“ ersetzt die stationären Terminals. Die Filialmitarbeiter sind mit mobilen Geräten ausgestattet, damit sie mit den vorinformierten Kunden „auf Augenhöhe“ kommunizieren können.

Für Omnichannel-Händler ist es wichtig, den Kanalwechsel von Online zu Offline attraktiv zu gestalten. Denn schließlich soll der Online-Auftritt auf das stationäre Geschäft einzahlen. Beim Mannheimer Modeunternehmen Engelhorn funktioniert diese Strategie: 40 Prozent der Kunden haben sich online informiert, bevor sie die Filiale aufsuchen, hat Michael Stolte, Bereichsleiter E-Commerce bei Engelhorn, festgestellt. Der Online-Shop wird zum Impulskanal in der Vorkaufsphase, zum „Frequenzpusher“ für das physische Geschäft.

Dieser Mechanismus funktioniert vor allem bei beratungsintensiven Produkten, bestätigte Dr. Matthias Bauer von Obi Digital mit Verweis auf die beratungsintensiven Produkte aus dem Baumarktsortiment. Im Möbeleinzelhandel wird noch viel Potenzial verschenkt, wie Marcus Diekmann von Shopmacher E-Commerce in seinem Vortrag verdeutlichte. Diekmann hat die Web-Shops von Möbelhäusern gecheckt und frappierende Schwächen festgestellt: fehlende Kauf-Buttons, keine Anzeige vergleichbarer Produkte, keine Filtermöglichkeit der Produkte für den Web-Shop-Besucher bedeuten im Endeffekt verschenkten Umsatz.

Silo-Denken auflösen

Die größte Herausforderung für den Omnichannel-Handel ist die Verknüpfung von alter und neuer Retail-Welt. Für Konzerne wie Ikea bedeutet Change-Management einen wahren Kraftakt. Michael Mette, stellvertretender Geschäftsführer von Ikea Deutschland, machte in seinem Vortrag die Herausforderungen und Erfahrungen auf dem Weg zum Omnichannel-Konzern deutlich. Das Netz aus Zentral-, Regional- und Paketlägern wird derzeit massiv ausgebaut. Ziel sei es, dass die Kunden ihre Waren spätestens 72 Stunden nach der Bestellung erhalten. Zusätzlich werden Pick-up-Points für Selbstabholer eingerichtet, der erste wurde gerade in Leipzig eröffnet. Ab 2016 werden im Zuge der internationalen Omnichannel-Strategie zwei neue EDV-Systeme weltweit ausgerollt, laut Mette die größte Einzelinvestition des schwedischen Möbelanbieters. Die Ziele könnten nur dann erreicht werden, wenn es gelingt, die Mitarbeiter „emotional mitzunehmen“ in das Omnichannel-Zeitalter. Jeder der 18.000 Mitarbeiter in Deutschland erhalte eine Schulung von drei Stunden Dauer.

Während bei Möbeln die konventionelle Anlieferung per Lkw auch weiterhin die Lieferlogistik bestimmen wird, könnte sich dies bei online bestellten Lebensmitteln in Zukunft ändern. Lukas Wrede, CEO von Skycart Inc. aus den USA, zeigte auf, wie Einzelhandel und Kunden von den neuen Möglichkeiten mit Drohnen profitieren können. In den USA zeichnet sich bereits ein Markt für dieses Geschäftsmodell ab. Die Technik scheint zu funktionieren, doch bis es zu ersten Praxistests kommt, sind noch viele Hürden zu nehmen.

Fazit der Veranstaltung: Die Digitalisierung verändert den Einzelhandel epochal. „Mitschwimmen“ wird für stationäre Händler Pflicht. Vor allem gilt es auszuloten, wie man sein Geschäftsmodell verändern kann, um beim online-affinen Kunden zu punkten. Oder, wie es Susanne Guggina von Thalia auf den Punkt brachte, den stationären Kunden dazu zu bringen, auch online bei Thalia einzukaufen und nicht beim Wettbewerb.

Fotos (11): EHI / Hauser

Weitere Informationen: www.omnichannel-days.com   

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