Wie passen Möbel in den Onlineshop? | stores+shops

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Ikea hat in diesem Jahr in Hamburg Altona sein erstes Innenstadt-Einrichtungshaus eröffnet mit einem reduzierten Präsenzsortiment. Der Rest befindet sich im iPad der Verkäufer. (Foto: Ikea)

Wie passen Möbel in den Onlineshop?

Längere Zeit glaubte man nicht, dass Möbel auch online verkauft werden. Erfolgreiche Möbel-Online-Pure-Player lehren das Gegenteil. Zwar bemüht sich der stationäre Möbelhandel, sich omnichannel aufzustellen, steht aber auch in der Kritik, dass er selten einen exzellenten Online-Auftritt hinbekommt.

Beim Ranking des Deutschen Instituts für Preis-Leistungsforschung landet ikea.de unter 22 getesteten Online-Möbelhäusern lediglich im Mittelfeld. Gemessen am reinen Online-Umsatz mit Möbeln und Wohn-Accessoires sind die Schweden in Deutschland mit knapp 92 Mio. Euro zwar Marktführer, liegen dabei (Werte für 2013) aber „nur“ um rund 15 Mio. Euro über dem Umsatzergebnis des zweitplatzierten Pure-Online-Players Home24 – angesichts der Bekanntheit des Namens Ikea und angesichts der vielen Kunden-Touchpoints durch Kataloge und durch die bundesweit 48 stationären Möbelhäuser kein sonderlich beeindruckender Befund.

International ist Ikea in 27 Ländern mit stationären Häusern vertreten, betreibt aber nur in knapp der Hälfte dieser Länder einen Onlineshop. Auch diese Tatsache legt nahe, dass sich die Schweden bislang noch nicht mit Verve um das Online- bzw. um das kanalübergreifende Shopping gekümmert haben. Das aber soll sich ändern. Auf dem Kongress „EHI Omnichannel Days´15“ im Juni kündigte Michael Mette, stellvertretender Geschäftsführer von Ikea, weitere „umfangreiche Aktivitäten“ in diesem Bereich an.

Dazu gehört u.a., den Online- und Offline-Kunden kürzere Wege und schnellere Lieferungen zu bieten. In der Leipziger City wurde hierfür im Frühjahr 2015 die erste City-Abholstation eröffnet, an der die Kunden online oder im Möbelhaus bestellte Ware abholen können. Solche Pick-up-Points betreibt Ikea bereits in China, Kanada und den USA. Je nach zur Verfügung stehender Fläche können die Pick-up-Points auch mit einem kleinen Präsenzsortiment bestückt werden. Auf der Agenda von Ikea steht die flächendeckende Multiplikation dieser Click & Collect-Stationen. „In Deutschland wollen wir dadurch bis 2020 sicherstellen, dass Ikea für jeden Verbraucher innerhalb von maximal 40 bis 45 Minuten Fahrzeit erreichbar ist“, so Michael Mette.

City-Abholstationen

Vor dem Hintergrund der Entwicklungen im E-Commerce und der damit verbundenen Änderungen des Kundenverhaltens ist auch das neue Filial-Format zu sehen, das Ikea in Hamburg testet. Die traditionellen Einrichtungshäuser des schwedischen Händlers stehen auf dem platten Land, häufig an Autobahnkreuzen. In Hamburg hat Ikea im Frühjahr 2015 sein weltweit erstes Innenstadt- Einrichtungshaus eröffnet. Auf 18.000 qm Verkaufsfläche wird ein reduziertes Präsenz-Sortiment ausgestellt. Die Verkaufsberater sind mit iPads ausgestattet, um jederzeit auf das gesamte Katalog- Sortiment zugreifen zu können. Damit können sie die Kunden bei Bestellungen von nicht vorrätigen Artikeln unterstützen und die logistischen Prozesse initiieren. Vom Fahrrad-Kurier über Auslieferungstaxis bis zu Mietwagen steht den Kunden dazu eine breite Varianten-Palette zur Verfügung.

Ikea hat in diesem Jahr in Hamburg Altona sein erstes Innenstadt-Einrichtungshaus eröffnet mit einem reduzierten Präsenzsortiment. Der Rest befindet sich im iPad der Verkäufer. (Foto: Ikea)

Parallel zu diesen neuen Verkaufs- und Servicekonzepten arbeitet Ikea im Hintergrund an der Renovierung seiner IT-Strukturen. Dabei geht es insbesondere darum, die technischen Voraussetzungen für die Omnichannel-Strategie zu schaffen. In zwei Jahren wollen die Schweden ein neues, umfassendes und international taugliches Sales and Management-System implementiert haben – inklusive einer neuen Lösung für den Betrieb der Onlineshops. „Die größte Einzelinvestition in der Geschichte von Ikea“, sagt Mette.

Wie Schuhe und Lebensmittel lassen sich auch Möbel nicht online verkaufen – auf dieser These haben sich viele Unternehmen der Branche lange ausgeruht. Dazu trug auch bei, dass die Branchenumsätze wuchsen – im Jahr 2014 um 1,8 Prozent auf rund 31,3 Mrd. Euro. Gründe, warum die großen stationären Anbieter das E-Geschäft häufig halbherzig angehen. Im Test des Deutschen Instituts für Preis-Leistungsforschung zum Beispiel belegt der Pure Online Player Home24 bei den Kriterien Produktangebot, Lieferleistung und Kundenservice den ersten Platz. Die stationären Branchenriesen folgen mit Abstand. XXXLutz steht auf Rang 4, Ikea auf 11, Höffner, Roller und Porta folgen ab Platz 16. „Ich kenne in Deutschland keinen strategisch gut aufgestellten Onlineshop eines stationären Anbieters“, sagt Marcus Diekmann, Branchenexperte und Geschäftsführer des Unternehmens Shopmacher (siehe Interview).

Inzwischen aber ist Umdenken angesagt. Denn im vergangenen Jahr wurden immerhin schon 1,5 Mrd. Euro, damit gut 4 Prozent des Gesamtumsatzes mit online bestelltem Mobiliar gemacht. Kundenbefragungen legen nahe, dass dieser Anteil dynamisch anwachsen könnte. Laut der repräsentativen Otto-Wohnstudie 2015, durchgeführt von TNS Infratest, halten es inzwischen 24 Prozent der Deutschen für wahrscheinlich, dass sie künftig Möbel im Internet kaufen. „Der Online-Kauf von Möbeln wird so alltäglich sein wie heute bei Schuhen oder Kleidung“ – ebenfalls 24 Prozent der Kunden erklären laut einer IFH-Studie, dass diese Aussage voll und ganz zutrifft.

Crosschannel-Händler werden

Die Händler müssen darauf reagieren und sich zu Crosschannel-Anbietern weiterentwickeln. Dies gilt nicht nur für die Branchengrößen, sondern auch für mittelständische, regional aufgestellte Einrichtungshäuser. Möbel Mahler zum Beispiel, mit drei Häusern in den süddeutschen Städten Bopfingen, Wolfratshausen und Neu-Ulm, hat vor knapp 20 Jahren seinen eigenen Webshop installiert, seither ständig optimiert und durch Crosschannel-Services ergänzt. So können die Kunden über einen 3-D-Küchenplaner oder über einen Polstermöbel-Konfigurator ihren Einkauf online vorbereiten, sich über aktuelle Verfügbarkeiten informieren oder online Stoffmuster anfordern. Besteht weiterer Informationsbedarf, führt die Hotline für Online-Beratungen direkt zu den jeweils zuständigen Verkaufsberatern in den stationären Häusern. Dort wiederum stehen digitale Infosäulen mit großen Touch-Bildschirmen, die den Kunden über das Präsenzsortiment hinaus verfügbare Varianten anzeigen.

Konfiguration für Schrankwände

Auf der Investitionsagenda steht bei Möbel Mahler, den Webshop für mobile Anwendungen zu optimieren sowie alle Einrichtungshäuser mit Wlan auszustatten. Den Kunden sollen weitere Konfiguratoren zum Beispiel für Schrankwände angeboten werden, außerdem sollen alle Preisschilder für detaillierte Produktinformationen durch QR-Codes ergänzt werden. „Solche Investitionen sind nur über Crosschannel-Effekte zu rechtfertigen“, sagt Geschäftsführer Gerhard Mahler.

Schon heute besteht die Gruppe der Smart Natives zu 68 Prozent aus selektiven Online-Shoppern, die ihre Käufe situativ zwischen stationärem Handel und Onlineshops aufteilen. 26 Prozent der Smart Natives wollen möglichst alle Einkäufe online erledigen.

Das IFH Köln glaubt, dass der Online-Umsatz mit Möbeln bis 2020 auf bis zu 14 Mrd. Euro steigen könnte. Eine selbst aus Sicht von E-Commerce-Enthusiasten gewagte Prognose – doch auch ein deutlich geringeres Online-Wachstum würde die Strukturen und die Betriebskonzepte der Branche nachhaltig verändern. „Ein Drittel aller stationären Möbel- und Einrichtungsgeschäfte, damit bis zu 10.000 Outlets sind in den kommenden Jahren von der Schließung bedroht“, meint Achim Himmelreich, Partner bei der Unternehmensberatung Mücke, Sturm & Company und Autor der Studie „Digitalisierung im Möbelhandel“. Der Experte zieht den Schluss, dass „in diesem Szenario nur jene Händler erfolgreich sein können, die sich konsequent an Wünschen der Konsumenten ausrichten und sie bei ihrer kanalübergreifenden Customer Journey unterstützen.“

Die EHI Omnichannel Days´16 finden vom 14. bis 15. Juni in Köln statt.

Weitere Informationen: www.home24.de, www.moebel-mahler.de, www.shopmacher.de, www.ikea.de, www.hoeffner.de

Wichtig ist Kanal-Exzellenz

Marcus Diekmann, Geschäftsführer des Unternehmens Shopmacher, kritisiert die E-Commerce-Strategie der stationären Möbelhändler.

E-Commerce im Möbelhandel: Wie lautet Ihr aktueller Befund?

Bei den Online-Konzepten traditioneller stationärer Anbieter sehe ich die gleichen Fehler wie in den fortgeschrittenen E-Commerce-Branchen Fashion, Elektronik, Buch und Media. Hier werden Shops gebaut, ohne an den Verbraucher und seine Bedürfnisse zu denken. Die Regel sind prozessual getriebene Shops, deren Look and Feel, Produktpräsentation, Kundenführung, Beratungsfeatures und Mehrwerte meist am Kunden vorbei gehen.

Da gibt es aber sicherlich auch Ausnahmen?

Ich kenne in Deutschland keinen strategisch gut aufgestellten Onlineshop eines stationären Möbelanbieters. Die echten Innovationen kommen von Pure Playern wie Westwing oder Home24. Diese haben online ihren Weg in den Kopf der Verbraucher gefunden – im Gegensatz zu den Shops der Traditionsunternehmen wie XXL Lutz oder Segmüller.

Warum investieren Möbelhändler immer noch stark in Flächen?

Sie retten sich lieber in ihre Komfortzone, anstatt umzudenken. Aber künftig werden 25 bis 30 Prozent der Umsätze online erzielt werden, wobei die Branche insgesamt nicht wachsen wird. Wer online nicht überzeugt, verliert diese Umsätze.

Was konkret machen Möbelhändler falsch beim Aufbau ihres Online-Absatzkanals?

Wichtig ist Kanal-Exzellenz. Online gelten die Erfolgsfaktoren Produkt, Preis, Features, Reichweite, Organisation und Services. Die Möglichkeiten, diese Faktoren überzeugend zu spielen, müssen analysiert und ausgeschöpft werden. Das geschieht derzeit nicht. Ich sehe aktuell keine Innovation, sondern nur eine 1:1-Übertragung der stationären Strategie. Eine Antwort auf das Thema Preistransparenz, ein komplettes Umdenken in der Mediastrategie, innovative Mehrwert-Service-Ansätze und Geschwindigkeit in der Lieferfähigkeit finde ich nicht.

Wird E-Commerce im Möbelhandel noch zu sehr als isolierter Kanal begriffen?

Das Thema Multichannel wird aus meiner Sicht überstrapaziert. Multichannel heißt: eine Kundenbasis on- und offline, Bestände prüfen und online wie offline reservieren können, Filialen mit Öffnungszeiten und Kontaktdaten auch online. Das aber sind keine Erfolgstreiber im E-Commerce. Vielmehr muss ein Unternehmen in jedem Kanal wettbewerbsfähig sein, auch online, es muss sich ständig mit den Kundenbedürfnissen auseinandersetzen und die richtigen Antworten finden.

Wie sieht die richtige Strategie aus?

Entscheidend ist, dass der Geschäftsführer E-Commerce als strategisches Thema begreift und hier nicht nur stark und konsequent investiert, sondern auch akzeptiert, dass die Renditeerwartung erst mittelfristig, also nach fünf bis sieben Jahren greift.

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