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Instant Payment steht für elektronische Zahlungslösungen, die 24/7/365 verfügbar sind und zu einem sofortigen oder nahezu unverzüglichen Interbanken-Clearing der Transaktion und einer Gutschrift auf dem Konto des Zahlungsempfängers führen. (Foto: CCV)

Der POS als Königsdisziplin

Von Sepa Instant Payment, dem neuen Zahlverfahren mit Echtzeitversprechen, erwartet der Handel mehr Schnelligkeit, weniger Kosten und das Ende des risikobehafteten Lastschriftverfahrens. Doch bevor die Händler von den Vorteilen profitieren können, gilt es zunächst, eine Infrastruktur auf Basis von Standards zu schaffen – als Grundlage für die Entwicklung von Produkten, die eine Anwendung von Instant Payment am POS ermöglichen.

Wir leben heute in einer Echtzeitwelt. Google liefert in Sekundenbruchteilen die gewünschten Informationen zum Suchbegriff, das Navigationssystem errechnet blitzschnell die optimale Fahrroute, und die Bestellung bei Amazon ist im Handumdrehen auf den Weg gebracht, wenn die Kundendaten einmal beim Versender hinterlegt wurden. Egal ob per Tweet, SMS, Whats App oder We Chat & Co. – dialogorientierte Informationen und Nachrichten erreichen den Empfänger „realtime“ im Conversational Commerce.

Beim bargeldlosen Zahlungsverkehr laufen die Uhren deutlich langsamer. Bei Überweisungen und Lastschriftverfahren liegen meist zwei bis drei Tage zwischen dem Bezahlen und dem Zeitpunkt, an dem das Geld auf dem Empfängerkonto eingetroffen ist.

Mit Sepa Instant Payments könnte sich das in absehbarer Zeit ändern. Der Begriff steht für elektronische Zahlungslösungen, die 24/7/365 verfügbar sind und zu einem sofortigen oder nahezu unverzüglichen Interbanken-Clearing der Transaktion und einer Gutschrift auf dem Konto des Zahlungsempfängers führen. Dieser kann nach wenigen Sekunden über den Betrag verfügen. Instant Payment soll einfach, sicher und anonym sein, versprechen die Befürworter dieser neuen Zahlungstechnologie. Sofortige Liquidität bei gleichzeitiger Anonymität – wie beim Bargeld. Ob dafür die Überweisung, Lastschrift oder Zahlkarte als Basis genutzt wird, ist gleich. Klar ist, dass Instant Payment die Digitalisierung beim Bezahlen beschleunigen und alle Formen des E- und M-Payments fördern würde.

Die große Mehrheit der Einzelhändler schätzt, dass Gutschriften sofort erfolgen, Interchange-Gebühren wegfallen und das Geld garantiert verfügbar ist.

Ercan Kilic

GS1 Germany Köln

Smartphone-zu-Smartphone-Zahlungstransaktionen in Realtime sind in anderen Ländern wie Dänemark oder Portugal bereits Realität. Da diese nationalen Insellösungen im Widerspruch zu den Sepa-Regeln im Zahlungsverkehr stehen, hat die Europäische Zentralbank vor drei Jahren eine Instant Payment Initiative gestartet. Ziel ist die Einführung eines grenzüberschreitenden Echtzeit-Zahlungsverfahren. Die Euro-Länder sind aufgerufen, Instant-Payment-Lösungen zu entwickeln und umzusetzen, die mit den EU-Forderungen kompatibel sind.

Während Instant Payment vor allem für den Zahlungsverkehr zwischen den Banken relevant sein wird – die deutschen Sparkassen wollen bereits ab Mitte dieses Jahres die Echtzeitüberweisung im Geschäftskundenverkehr anbieten – stellt der IP-Zahlungsverkehr in der Händler-Kunde-Beziehung nur einen kleinen Ausschnitt dar. Gleichwohl sei es für den Handel wichtig, sich zum Thema Instant Payment zu artikulieren und seine Ideen einfließen zu lassen, sagt HDE-Zahlungsexperte Ulrich Binnebößel.

Handelsunternehmen, Banken und Zahlungsdienstleister arbeiten bereits seit 2016 gemeinsam mit GS1 Germany an Standards für die verschiedenen Prozesse der beteiligten Kreise: Auf Händlerseite besteht in diesem Zusammenhang Standardisierungsbedarf für die Kommunikation mit der Händlerbank, den technischen Dienstleistern und dem Kassensystem. Weitere notwendige Standardisierungen betreffen die Datenübertragung zwischen der Kasse und dem Smartphone des zahlenden Kunden sowie den dabei zum Einsatz kommenden Technologien wie NFC, BLE, Laser- oder Image-Scanner.

Einzelhändler versprechen sich von Instant Payment vor allem mehr Schnelligkeit und weniger Kosten, hat eine GS1-Befragung ergeben. „Die große Mehrheit schätzt, dass Gutschriften sofort erfolgen, Interchange-Gebühren wegfallen und das Geld garantiert verfügbar ist“, fasst Ercan Kilic, Abteilungsleiter Mobile Commerce + Financial Services bei GS1 Germany, die Kernergebnisse zusammen. Wenn Instant Payment einmal läuft, könnte das risikobehaftete Lastschrift-Verfahren mit Unterschrift ausgedient haben. Stattdessen könnte der Kunde am Checkout sein Smartphone hervorholen und über eine App eine Echtzeitüberweisung anstoßen.

Den Prototypen eines händlerbasierten Instant Payments am POS („HIPPOS“) präsentierten Ludger Bieberstein von Rewe Systems und Giuseppe Di Ruocco vom Zahlungsdienstleister Ingenico Anfang März vor der „MCC – Mobile Commerce Community“ bei GS1 Germany in Köln. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal von „HIPPOS“ im Vergleich zu herkömmlichen Funktionsprinzipien für die Abwicklung unbarer Zahlungstransaktionen am POS ist die Auslösungdes Zahlungsvorgangs durch den Kunden. Der Kunde aktiviert die App auf seinem Smartphone, und das Kassensystem überträgt die Bezahldaten via QR-Code oder NFC an das Smartphone des Kunden. Dieser bestätigt die Zahlung in seiner App an seine Bank. Die Überweisung erfolgt auf das Konto der Bank des Händlers, und der Händler erhält binnen Sekunden die Mitteilung, dass der Bonbetrag auf seinem Konto eingegangen ist. Bestandteil des Prozesses ist ein Token-Verfahren, das die IBANs schützen soll. Bieberstein: „Wir erreichen hier einen sehr hohen Sicherheitsstandard, den wir als Händler durch ein Tokenverfahren, das die IBAN schützt, noch weiter erhöhen.“

Handel artikuliert sich

Jeder Händler, der Instant Payment als Zahlverfahren anbieten will, muss sich einmalig bei GS1 registrieren. Er erhält eine Teilnehmernummer (Lizenz) und meldet seine IBAN an. In Abstimmung mit der kontoführenden Bank oder dem Zahlungsdienstleister stellt der Händler eine Schnittstelle zu seinem Konto her. Während der organisatorische Aufwand für die Händler sich im Wesentlichen auf die Bereitstellung der Infrastruktur am POS beschränkt (Hardware, Software, Telekommunikation), müssen die Banken und Sparkassen ihre Systeme von Batch- auf Online-Verarbeitung umstellen.

Völlig offen ist derzeit noch, wie sich die neue Zahlungsverkehrslösung Instant Payments finanzieren soll. Auf die Banken kämen Investitionskosten in dreistelliger Millionenhöhe zu, so ein Vertreter der Kreditwirtschaft. Dass bisher nur wenige Banken in Europa konkrete Schritte hin zu Instant Payment eingeleitet haben, begründet Stefan Roßbach von der Frankfurter Unternehmensberatung TME AG wie folgt:

„Viele warten auf die endgültige Marktreife, um so Kosten zu sparen und das Risiko von Fehlentscheidungen zu umgehen.“ Vorsichtig sei man insbesondere wegen der geringen Nachfrage, aus Angst vor technischen Unzulänglichkeiten und wegen der einzuhaltenden Regulatorik.

Während Zahlungsdienstleister, die IP anbieten möchten, ebenfalls eine Registrierung bei GS1 Germany beantragen müssen, gehen die Nutzer keine vertragliche Beziehung zu „HIPPOS“ ein. Den Zugang zu IP eröffnet ihm die Smartphone-App. Die Infrastruktur von „HIPPOS“ sieht eine Cross- bzw. Interoperabilität vor: Jede App ist an jeder Akzeptanzstelle einsetzbar, unabhängig davon, welcher Zahlungsdienstleister die App entwickelt hat. Ebenso ist es möglich, im sogenannten P2P-Verfahren (Person to Person) Geld untereinander zu versenden, zum Beispiel im Anschluss an einen gemeinsamen Restaurantbesuch.

Um Sepa Instant Payment auf breiter Basis zum Durchbruch zu verhelfen, soll diese Bezahl-Option auch im Automatengeschäft zum Einsatz kommen. Das Problem der Altersverifizierung beim Automatenverkauf von Spirituosen soll nach dem Funktionsprinzip von „HIPPOS“ über eine Identitätsabfrage per QR-Code oder NFC-Übertragung an die Zahlerbank erfolgen.

Auch für das Automatengeschäft

Für den Online-Händler ist IP ein Ersatz für die Vorkasse. Er kann bestellte Waren sofort versenden, weil kein Risiko besteht, dass sie vom Kunden nicht bezahlt wird. Vor der Auslieferung wird ein QR-Code auf die Versandverpackung geklebt. Bei Anlieferung wird der Code vom Smartphone bzw. der Bezahl-App des Kunden gescannt über die Bezahl-App. Der Vorteil für den Kunden: keine Nachnahmegebühr.

Instant Payment bietet einen Mehrwert für die Kunden, von dem diese aber erst überzeugt werden müssen. Das könnte gelingen, wenn im ersten Schritt eine breite Infrastruktur geschaffen werden kann, die eine breite Anwendung erst ermöglicht. „Dann nämlich wird es Netzwerkeffekte geben, die langfristig zu einem stabilen Zahlungssystem führen. Und das zieht weitere Kunden an, sodass letztlich ein exponentielles Wachstum möglich wird“, sagt Stefan Roßbach und schränkt ein: „Kurzfristig aber wird wohl nur die Lastschrift abgelöst, bis zum Abschied vom Bargeld wird es noch einige Zeit dauern.“ In der Summe ist „HIPPOS“ als Ansatz einer Infrastruktur für Instant Payment zu werten, eine Basis für die Entwicklung von Produkten, die eine Anwendung dieses Zahlverfahrens am POS ermöglichen.

„Der Zuspruch des Handels ist groß. Wir erleben in der Arbeitsgruppe eine starke Beteiligung an der Entwicklung beim Thema Sepa Instant Payment im Allgemeinen sowie an ,HIPPOS‘ im Besonderen“, berichtet Ercan Kilic. So entstehen unter dem Dach von GS1 Germany derzeit u. a. Spezifikationen für die Schnittstellen zwischen den einzelnen Parteien des Zahlungsvorgangs sowie Lösungen für das Einbinden von Mehrwertdiensten wie zum Beispiel Loyality-Programme. Wenn das Konzept für „HIPPOS“ dann fertiggestellt ist, soll noch in diesem Jahr ein Pilotprojekt die Umsetzung in der Praxis erproben. In das Projekt fließen die Ergebnisse der parallel im Auftrag von GS1 Germany durchgeführten Studie zu Sepa Instant Payment ein. Der Austausch auf breiterer Ebene erfolgte am 29. Mai auf dem „Mobile Instant Payment Summit“ in Köln. Die Ergebnisse des Pilotprojekts und der Studie werden auf der „Mobile in Retail Konferenz“ im Oktober 2018 in Berlin vorgestellt.

Foto: CCV
Grafik: GS1 Germany

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

Kosten lassen sich niedrig halten

Der Prototyp eines händlerbasierten Instant Payments am POS hört auf den Namen „HIPPOS“. Ludger Bieberstein, bei der Rewe Systems in Köln für den Bereich TIHM-Marktsysteme/ Zahlungsnetzwerk zuständig, erläutert, was sich der Handel vom neuen Zahlverfahren verspricht.

Der Handel verfügt über funktionierende, vom Kunden gelernte Verfahren für die Zahlungsabwicklung am Checkout. Wie erklärt sich die Nachfrage des Handels nach Instant Payment, wo sehen Sie die Vorteile?

Die Vorteile für den Händler liegen im geringen Aufwand für für die Akzeptanz von „HIPPOS“. Es sind keine eigene Infrastruktur und keine Regulatorien der Zahlerbank notwendig wie beispielsweise PCI und DK TA. Disagien und Interchange Fees fallen nicht an. Händler ohne EFT-Terminals haben die Chance, auch unbare Zahlungen preiswert akzeptieren zu können. Die „Value Added Services“ wie Altersbeschränkungen, Nachname, Versendung von digitalen Gütern und andere können einen Mehrwert für die Verbraucher generieren.

Wie hoch schätzen Sie den Implementierungsaufwand für Händler ein, die Instant Payment als Zahlverfahren am POS anbieten wollen?

Sehr gering. Händler, die eine Ausschreibung von EFT-Terminals in naher Zukunft vorhaben, sollten zumindestens schon mal die Option für Instant Payment mit anfragen. Auch eine Implementierung direkt in die Kassensoftware wäre ohne hohen Aufwand möglich. Da keine Sicherheitsinfrastruktur benötigt wird, können die Kosten niedrig gehalten werden.

Glauben Sie, dass Instant Payment das Zeug dazu hat, dem Mobile Payment am POS zum Durchbruch zu verhelfen?

Ja, selbstverständlich. Die Akzeptanzseite ist quasi schnell verfügbar und somit ist schon mal das Henne-Ei-Problem nur noch ein Henne-Problem. Erfreulich wäre es, wenn die Banken die Chance ergreifen, ihre „Banking-Apps“ um die Schnittstelle zum POS zu erweitern. Auch hier ist der Implementierungsaufwand vom System her sehr gering. Der hohe Aufwand für die starke Kunden-Autenthifizierung muss bei einer Banking-App immer berücksichtigt werden. Für „HIPPOS“ gibt es keine weiteren Hemmschwellen. Für den Verbraucher kann dieses „Zahlungsmittel“ in der Ausbaustufe universell eingesetzt werden. Er kann damit Rechnungen bezahlen, Freunden Geld ohne Umstände einfach überweisen, welches auch sofort verfügbar ist und natürlich auch im Handel bezahlen.

Wir werden unverzichtbar bleiben

Bei Instant Payments entfallen Zahlungsgarantien, und das Clearing erfolgt im Interbankenverkehr. Sind Zahlungsdienstleister für den Handel künftig entbehrlich? Giuseppe Di Ruocco, Head of Market Policy/Regulations bei Ingenico, zur Rolle der ZDL im Zahlungsverkehr.

Herr Di Ruocco, welche Funktionen haben Zahlungsdienstleister im bargeldlosen Zahlungsverkehr des Einzelhandels?

Die klassischen ZDL sind dem Handel als langjähriger, zuverlässiger Partner für die Abwicklung sämtlicher unbarer Zahlverfahren vertraut. Die Dienstleister fungieren dabei nicht nur als Übergabestelle in die Bankensysteme zur Zahlungsverkehrsabwicklung. Neben der Integration in die Infrastruktur am Point of Interaction (POI) zählt auch die Anbindung an die Backendsysteme des Handels zur Kontenabstimmung und Verbuchung der Kassensalden zum Aufgabenbereich.

Wie definieren Sie die Rolle der ZDL beim händlerbasierten Instant Payment am POS? Braucht der Handel künftig überhaupt noch einen ZDL?

Die Zahlungsdienstleister werden die Händler bei der Integration in das schon vorhandene POS-Terminal unterstützen, um Investitionen auch bei anfänglich wenigen Transaktionszahlen möglichst gering zu halten. Aber auch zur Anbindung an die Bankkonten bedarf es eines erfahrenen Dienstleisters mit einer ausgereiften Technologie. Denn anders als beim ELV-Verfahren, das im Bedarfsfall auch vollständig offline betrieben werden kann, erfordert das im Gegensatz dazu stets online-gebundene Banküberweisungs-Zahlverfahren Instant Payment am POS eine zu allen Seiten hochperformante und permanent verfügbare, sichere Kommunikationsanbindung. Nicht zu unterschätzen sind auch die Anforderungen an eine direkt vom Zahler auszulösende finale ÜÜberweisung im Gegensatz zur rückgabefähigen Lastschrift im ELV-Verfahren. Gerade mit Blick auf mögliche Funktionsstörungen und daraus resultierende Haftungsfragen werden etablierte Zahlungsdienstleister als Partner des Handels unverzichtbar bleiben.

Unklar scheint zurzeit noch, wie die Kosten für ein Instant Payment-Modell auf die beteiligten Kreise verteilt werden. Wie könnte ein Gebührenmodell aus Sicht der ZDL aussehen?

Die auf Handelsseite beteiligten Dienstleister und Banken werden für die ihrerseits beigesteuerten Leistungen der Wertschöpfungskette attraktive Gebührenmodelle anbieten können. Ob sich Gebührenmodelle auch für die auf der Zahlerseite beteiligten Dienstleister realisieren lassen, wird von externen Rahmenbedingungen abhängen. In einem bislang vergleichsweise sehr niedrigen Gebührenniveau entstehen eventuell neue Optionen aufgrund genereller Veränderungen im bargeldlosen Zahlungsmarkt.

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