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Alles im Blick im Sporthaus Schuster in München. Der Ladendetektiv kann „in Ruhe“ alle Bereiche beobachten und auf Verdächtiges umgehend reagieren (Abb.: Security Consult)

Alles im Blick

In die Diebstahlprävention investieren Handelsunternehmen in Deutschland rund 1,3 Mrd. Euro. Ganz oben auf der Liste der Präventionsmaßnahmen stehen digitale Videokamerasysteme. Beispiele aus der Praxis zeigen, dass sich diese Investition lohnen kann.

Trotz Warensicherung und Personalschulungen wird im Handel nach wie vor alles gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist. Nach Berechnung der Experten entsteht durch Diebstahl im Handel jährlich ein Schaden in Höhe von 3,3 Mrd. Euro. Bei der Prävention von Ladendiebstählen setzen Unternehmen verbreitet auf digitale Videokamerasysteme. Sie sollen nicht nur Kunden von Diebstählen abhalten, sondern unterstützen Ladendetektive bei der Überwachung der Verkaufsflächen und sichern Beweismittel bei der Überführung von Langfingern.

Das Sporthaus Schuster betreibt in der Innenstadt von München drei Sport-Fachgeschäfte und in Martinsried ein Warenlager. In den drei Jahren von 2013 bis 2015 traten bei dem Münchner Händler steigende Inventurdifferenzen im sechsstelligen Euro-Bereich auf Unregelmäßigkeiten, die durch Diebstahl, Betrug und Manipulation von Kunden, Mitarbeitern oder Lieferanten verursacht sein können. Interne Nachforschungen ergaben keine hinreichende Erklärung des Phänomens. Der Sporthändler suchte daher externe Hilfe bei dem Sicherheitsexperten Security Consult in Roßhaupten zur Klärung der Ursachen.

Schuster beauftragte den Chef der Sicherheitsfirma Rainer Weidenbach, die Sicherheitssituation im Unternehmen zu analysieren. „Schon die Betrachtung der Maßnahmen, die das Sporthaus bislang zur Vorbeugung, Aufdeckung und Verfolgung von Ladendiebstählen unternommen hatte, wiesen eindeutig auf Schwachstellen hin, die zu dem rasanten Anstieg der Inventurdifferenzen beigetragen haben“, sagte Weidenbach auf dem EHI Inventur- und Sicherheitskongress 2017 in Köln. Um die Aufdeckung von Diebstählen in allen drei Läden kümmerte sich in den letzten zehn Jahren beispielsweise nur ein Hausdetektiv. Die Videoüberwachung war technisch veraltet. So war eine Ereignissuche nur mit großem Zeitaufwand möglich, und die gelieferten Bilder waren wegen mangelnder Qualität bei Gericht nicht verwertbar.

Zudem stellte sich heraus, dass das Verkaufspersonal nicht ausreichend geschult war und dass keine festgeschriebenen Routinen vereinbart waren, um bei einem bemerkten Ladendiebstahl schnell und effektiv reagieren zu können. Auf der Agenda standen nun eine verbesserte Transparenz des Waren- und Personenverkehrs sowie die Überführung von Ladendieben und deren Verfolgung, um die eigenen Mitarbeiter zu schützen und von dem Verdacht der Untreue zu befreien.

Schuster beauftragte Weidenbach mit dem Entwurf und der Umsetzung eines Konzepts für den Diebstahlschutz an den vier Standorten des Sporthauses. Als erste Maßnahme schlug Weidenbach vor, die Videoüberwachung zu modernisieren und das Personal intensiv zu schulen. Zur Überwachung der Verkaufsflächen und der Lieferzonen wurde eine multifunktionale Videoplattform des Herstellers Mobotix installiert, die zusätzlich mit einer schnellen Bild- und Datenanalyse ausgestattet ist. Die Videoüberwachung wurde mittels 206-Grad- und 103-Grad-Fix-Dome-Kameras umgesetzt.

Ereignis-Analyse

Die adaptierte Software „Winston Trace“ ermöglicht eine schnelle und intelligente Ereignis-Analyse. „Diese innovative Videoplattform ist inzwischen sehr leistungsfähig“, so Weidenbach. Ladendetektive können damit laut Weidenbach an einem zentralen Ort das Verhalten der Kunden in Ruhe beobachten und bei Auffälligkeiten über Zoomfunktion Vorgänge genau analysieren, um einen Ladendieb eindeutig überführen und ihn mit klaren Fakten konfrontieren zu können.

„Um einen Dieb mit seiner Beute noch vor Verlassen des Gebäudesstellen zu können, ist Schnelligkeit gefragt“, unterstrich der Sicherheitsexperte. Daher sei es neben einer leistungsfähigen Überwachungstechnik wichtig, schnell zu handeln. Im Falle des Sporthauses habe er deshalb empfohlen, beim Schutz der Läden mit einem professionellen Sicherheitsdienstleister zusammenzuarbeiten.

Hauseigene Taskforce

Gemeinsam mit Mark Sauermann, Gründer und Inhaber des gleichnamigen Sicherheitsdienstleistungsunternehmens, hat Weidenbach ein Konzept für ein sicheres Ergreifen eines Ladendiebes entwickelt. Ladendetektive, die jetzt ebenfalls von Sauermann Sicherheitsdienst gestellt werden, werten in einem separaten Raum in der Nähe des Verkaufsraums die Bilder der Videoanlage aus. Beobachtet der Mitarbeiter am Bildschirm einen Ladendiebstahl, organisiert er sofort eine gemeinsame Aktion mit der inzwischen geschaffenen hauseigenen „Taskforce“ zur Überführung und Stellung des Diebes und informiert die Polizei.

Neben einer modernen Videoüberwachung kommt es auf Schnelligkeit an, um den Dieb noch vor Verlassen des Gebäudes stellen zu können.

Rainer Weidenbach

Geschäftsführer Security Consult GmbH

Es wurden bei Schuster Teams gebildet aus Ladendetektiv, Floormanager, Taskforce – das sind geschulte Mitarbeiter des Sporthändlers – sowie einem Doorman, der an frequenzstarken Tagen vor Ort ist und ebenfalls bei der Stellung eines Diebes mithelfen kann. Das Konzept habe sich auch hier gut bewährt, berichtet Mark Sauermann. Neben der Bereitstellung der Ladendetektive organisiert der Sicherheitsdienstleister für den Sporthändler alle Schließdienste sowie die Beaufsichtigung der Reinigungskräfte und sorgt so auch für einen Rundumschutz der Waren außerhalb der Öffnungszeiten.

Wie dreist Kunden inzwischen ihre Diebstähle zum Teil ausführen, zeigten Videos, die Sauermann und Weidenbach präsentierten. In einem Video war eine Frau zu beobachten, die mit dem Verkäufer auf einer der Verkaufsetagen des Sporthauses bekannt zu sein schien. Sie trug auf dem Rücken einen Rucksack, schlenderte ruhig durch den Verkaufsbereich, schaute sich Jacken, Hosen und T-Shirts an, wählte mehrere Kleidungsstücke aus und verschwand damit in einer Umkleidekabine. Nachdem die Frau die Kabine wieder verlassen hatte, kam sie mit nur einem Teil in der Hand zurück und hängte dieses an einen Ständer zurück. Der Rucksack, der zuvor leer schien, war jetzt gut gefüllt. Sie verabschiedete sich von dem Verkäufer, schlenderte noch durch andere Abteilungen und verließ dann seelenruhig das Geschäft.

„In einer gezielten Bildrecherche hatte der Detektiv gesehen, dass die ‚Kundin‘ mit dem Mitarbeiter des Sportgeschäfts bekannt war. Aus diesem Grund hat dieser zunächst den Verkäufer auf den Diebstahl angesprochen, um zu klären, ob der Schuster-Mitarbeiterin den Diebstahl involviert war und warum er die Person hat entwischen lassen“, so Sauermann. Durch das Verhalten des Verkäufers, der glaubhaft überrascht gewesen sei und dem Detektiv sofort die Handynummer der Person gegeben hat, habe man die Diebin noch im Nachhinein zur Rückgabe der gestohlenen Teile im Wert von 700 Euro bringen können. „Sie hat uns dann auch noch auf Nachfrage gezeigt, wie sie die Warensicherung mit einem Magneten entfernt hat“, so Sauermann.

Insgesamt sei der Münchner Sporthändler mit der installierten Lösung sehr zufrieden, schloss Weidenbach seinen Vortrag. Die Inventurdifferenzen seien inzwischen deutlich reduziert. Die Investition in das Sicherheitskonzept sowie die Technik habe sich bereits nach kurzer Zeit bezahlt gemacht. Das Konzept werde nunweiter konsequent optimiert.

Diebstähle können wir nicht verhindern, wir möchten jedoch den Ablauf nachvollziehen und den Täter wiedererkennen können.

Marco Corazzi

Leiter des Sicherheitsdienstes Genossenschaft Migros Zürich

Auch die Genossenschaft Migros Zürich aus der Schweiz hat in moderne Videoüberwachungssysteme investiert. Migros hat in 55 Verkaufsstellen die vorhandene analoge Technik durch hochauflösende IP-Videoüberwachungskameras von Avigilon sukzessive ersetzt. Ausgestattet wurden vor allem die Kassenzonen inklusive der Self-Checkout-Bereiche, der Kundeneingang und -ausgang, der Bereich des Kundendienstes sowie die Abteilungen mit den Sortimenten Kosmetik, Elektronik, Bekleidung/Schuhe und die Metzgerei-Verkaufstheke. „In diesen Bereichen sind die Verluste durch Diebstahl am größten“, sagt Marco Corazzi, Leiter des Sicherheitsdienstes bei Migros Zürich. Alle Kameradaten werden vor Ort auf Servern aufgezeichnet. Die Daten können über das Internet bandbreitenschonend an zentrale Auswertungsplätze übertragen werden. Eine Auswertung des aufgezeichneten Materials erfolge nur bei Verlust- oder Diebstahlmeldungen, so der Leiter des Migros-Sicherheitsdienstes.

Wiederholungstäter

Das Schweizer Handelsunternehmen nutzt die Videoüberwachung zur Diebstahlbekämpfung sowie auch zur Aufklärung von Delikten. „Diebstähle können wir nicht verhindern, wir möchten jedoch den Ablauf nachvollziehen und die Täter wiedererkennen können“, so Corazzi. Da die meisten Ladendiebe Wiederholungstäter seien, bleiben sie laut Corazzi früher oder später „im Netz hängen“.

Sehr effektiv ist laut Corazzi die Videoüberwachung im Bereich der „Subito“-Self-Scanning- und Self-Checkout-Kassen. Mit den hochauflösenden Bilddaten könne das Unternehmen nicht nur die Abläufe an den Kassen überwachen, sondern auch klären, ob Kunden bei abgebrochenen Zahlvorgängen Probleme mit der Technik haben oder der Abbruch bewusst hervorgerufen wurde, um die Waren ohne Bezahlung zu entwenden.

„Für das Self-Scanning müssen die Migros-Kunden im Besitz einer ‚Cumulus‘-Bonuskarte sein“, erläutert Corazzi. Da der Kunde bekannt ist, kann Migros eine eventuell ausstehende Summe jederzeit einfordern. Der Handscanner wird mittels Bonuskarte aktiviert, wenn der Kunde damit seine Ware selber erfassen will. Er ist damit persönlich vom System erfasst. Wird der Bezahlvorgang gestartet, erlischt an der Kasse die grüne Lampe, die erst nach erfolgreichem Abschluss wieder auf grün schaltet.

Würde der Kunde nach Abschluss des Scannens den digitalen Bezahlvorgang vorsätzlich unterbrechen und anschließend den Laden ohne zu bezahlen verlassen, bleibt die grüne Lampe ausgeschaltet und die Aufsichtsperson ist informiert. Der offene Kassenbon wird ausgedruckt und dem Sicherheitsdienst zugestellt. Mithilfe der Videoaufzeichnung versucht man zunächst zuverifizieren, woran der Kunde gescheitert ist, so Corazzi. „Bevor wir dann einen Kundenbrief mit der Bitte um Bezahlung des offenen Betrages herausschicken, stellen wir sicher, dass der Betragnicht an einer der Kassen bezahlt wurde.“ Bislang seien am Ende alle offenen Beträge beglichen worden.

Abb.: Security Consult

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

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