Gebäudeevakuierung im Handel | stores+shops

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Ein ausreichender Brandschutz im Handel erfordert das Zusammenspiel von baulichem, technischem und organisatorischem Brandschutz. (Foto: Fotolia/alphaspirit)

Gebäudeevakuierung im Handel

Ein ausreichender Schutz vor Bränden kann auch im Handel nur durch das Zusammenspiel von baulichem, technischem und organisatorischem Brandschutz realisiert werden. Dazu wird von den Baubehörden in der Regel ein Brandschutzkonzept verlangt, in dem die einzelnen Maßnahmen und deren Zusammenspiel festgelegt sind.

Shopping-Center, Supermärkte und Ladengeschäfte des Handels bergen im Vergleich zu Wohn- oder Bürogebäuden im Falle eines Brandes oder eines anderen sicherheitsrelevanten Vorfalls zusätzliche Risiken:

  • zahlreiche, meistens ortsunkundige Besucher
  • komplexe Objekte mit vielen Brandabschnitten
  • erhöhte Brandlasten durch Dekorationen und leicht entzündliche Waren

Eine besondere Rolle beim Brandschutz spielt die Alarmierung der Kunden und Mitarbeiter im Brandfall. Je schneller eine Evakuierung des Gebäudes erfolgt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit für Verletzungen oder gar Schlimmeres.

Eine sichere und effektive Gebäudeevakuierung stellt hohe Anforderungen, da nur sehr kurze Zeitspannen zu Verfügung stehen. Bei einem Brand bleiben häufig weniger als zehn Minuten, um ihn zu entdecken, gefährdete Personen zu alarmieren und zur Flucht zu bewegen. Andere Gefahrenlagen erfordern ebenso schnelles Handeln, jedoch entgegengesetzte Evakuierungsstrategien. So wird bei einer Terror- oder Amokdrohung der Einschluss in sichere Bereiche empfohlen.

Für eine effektive Gebäudeevakuierung setzt sich seit einiger Zeit immer mehr die sprachliche Alarmierung durch, da herkömmliche akustische Signalgeber wie Hupen oder Klingeln von vielen Menschen nicht mehr ausreichend beachtet werden. Darüber hinaus enthalten diese Signale nur wenig Informationen und können zu Verwirrung und Panik führen.

Sprachalarmierung

Besser geeignet sind sprachliche Alarmierungssysteme, die durch gespeicherte Ansagen und/oder Live-Durchsagen über Lautsprecher den Gebäudenutzern klare Handlungsanweisungen geben. Menschen reagieren auf das gesprochene Wort bis zu viermal schneller als auf Signale. Insbesondere in Gebäuden mit vielen ortsunkundigen Besuchern wie im Einzelhandel kann durch eine sprachliche Alarmierung die Reaktionszeit drastisch verkürzt werden (siehe Tabelle). Darüber hinaus können Durchsagen mehrsprachig gestaltet und Gebäude stufenweise geräumt werden, beispielsweise die am meisten gefährdeten Bereiche zuerst. Ebenso kann eine Räumung einfach beendet und der normale Betriebszustand schnell wiederhergestellt werden.

Reaktionszeit

In Deutschland werden zur sprachlichen Alarmierung zwei Anlagentypen eingesetzt: Sprachalarmanlagen (SAA) zur Alarmierung im Brandfall sowie elektroakustische Notfallwarnsysteme (ENS). SAA sind Bestandteil von Brandmeldeanlagen (BMA) und werden ausschließlich von diesen angesteuert. Bei elektroakustischen Notfallwarnsystemen wird die Evakuierung von einer Sicherheitsleitstelle oder einer ständig besetzten Stelle ausgelöst.

Anlagen zur Verteilung von Rufdurchsagen und Hintergrundmusik im Normalbetrieb werden häufig als elektroakustische Lautsprecheranlagen (ELA) bezeichnet. Ihr Aufbau ist nicht normiert und sie dürfen nicht für eine Alarmierung bzw. Evakuierung im Gefahrenfall verwendet werden. Umgekehrt können SAA oder ENS durchaus im Normalbetrieb verwendet werden, wenn eine ordnungsgemäße Funktion im Gefahrenfall dadurch nicht beeinträchtigt wird. Die Landesbauordnungen (LBO) fordern über die Verkaufsstättenverordnungen für Verkaufsflächen über 2.000 qm sprachliche Alarmierungseinrichtungen. Die LBO an sich schreiben keinen Anlagentyp wie SAA oder ENS vor. Dieser ergibt sich erst aus dem Brandschutzkonzept, das bei Sonderbauten verpflichtender Teil des Baugenehmigungsantrags ist und in die Baugenehmigung einfließt. Wird dort eine sprachliche (oder z. B. "sprachverständliche") Alarmierung im Brandfall bauaufsichtlich gefordert, ist zwingend eine SAA zu planen und zu errichten. Für SAA ist die DIN VDE 0833-4 die zentrale deutsche Anwendungsnorm. Sie beschreibt Planung und Projektierung, Installation, Inbetriebsetzung, Abnahme, Betrieb und Instandhaltung von Sprachalarmierungen im Brandfall und stellt Anforderungen an die verwendeten Produkte. Seit 2012 sind SAA Bestandteil der DIN 14675, die Anwendungsregeln für den Aufbau und Betrieb von BMA in Deutschland beschreibt. Danach dürfen SAA nur von Fachfirmen mit entsprechender Fachkompetenz geplant, errichtet und instandgehalten werden.

ENS werden von der Systemnorm DIN EN 60849 beschrieben. Diese enthält zwar Hinweise zur Aufschaltung von ENS auf BMA, seit Inkrafttreten der DIN 0833-4 werden ENS aber nur noch für solche Alarmierungsanlagen geplant, die nicht von einer BMA ausgelöst werden. Als Systemnorm macht die DIN EN 60849 keine Angaben zu Aufbau und Betrieb, hilfsweise können bei Planung und Projektierung die Angaben der DIN VDE 0833-4 verwendet werden. Die EN60849 soll durch die EN50849 ersetzt werden, die neben dem Wegfall des Brandfalles auch Hinweise zu Aufbau und Betrieb enthalten soll.

Daneben gelten zum Brandschutz noch zahlreiche andere Verordnungen und Vorschriften wie beispielsweise die Arbeitsstättenverordnung, die Betriebssicherheitsverordnung oder die Technischen Regeln zum Arbeitsschutz.

Bei der letzten Überarbeitung der DIN 0833-4 wurde vor allem auf eine ausreichende Sprachverständlichkeit abgestellt. Die Sprachverständlichkeit im Gefahrenfall besitzt eine zentrale Bedeutung für die Wirksamkeit elektroakustischer Anlagen. Selbst die Einrichtung (Möblierung, Teppiche etc.) kann die Raumakustik und damit die Sprachverständlichkeit erheblich beeinflussen. Deshalb sollte bei Umbauten oder Neumöblierung die Einhaltung eines normenkonformen STI-Wertes (Speech Transmission Index) überprüft werden. Die ZVEI-Leistungsgemeinschaft Beschallungstechnik hat in zahlreichen Informationen und Broschüren detaillierte Informationen über Raumakustik und Sprachverständlichkeit gesammelt.

Insgesamt besitzen anlagentechnische Sicherheitsmaßnahmen im Vergleich zu baulichen Brandschutzmaßnahmen häufig eine höhere Flexibilität. SAA, Brandmeldeanlagen oder auch automatische Löschanlagen lassen sich in der Regel mit geringerem Aufwand an neue Anforderungen anpassen.

Der Autor ist Geschäftsführer des Fachverbands Sicherheit und der Arbeitsgemeinschaft Errichter und Planer im ZVEI-Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie.

Foto: Fotolia/alphaspirit

Weitere Informationen: www.zvei.org

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