Ladendiebstahl bekämpfen: Mitarbeiter schulen | stores+shops

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Vor welchen Herausforderungen stehen Händler hinsichtlich der Sicherheit ihres Geschäfts? (Foto: EHI/Axel Schulten)

Ladendiebstahl bekämpfen: Mitarbeiter schulen

Am 19. und 20. Juni diskutierten 130 Branchen-Experten beim EHI-Inventur- und Sicherheitskongress über aktuelle Herausforderungen und Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Inventurdifferenzen. Verschiedene Praxisbeispiele zeigten, dass besonders den Mitarbeitern eine Schlüsselrolle dabei zukommt.

Während sich die Inventurdifferenzen 2017 im Lebensmittelhandel leicht verbessert haben, weisen alle anderen Branchen eine minimale Verschlechterung auf, so ein Ergebnis der jährlich publizierten EHI-Studie „Inventurdifferenzen 2018“. Mit 4,1 Mrd. Euro sind sie in Summe leicht gegenüber dem Vorjahr (4 Mrd. Euro) gestiegen. Der Anteil der Verluste durch Diebstähle seitens der Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten und Servicekräfte beträgt rund 3,5 Mrd. Euro und ist damit leicht gestiegen. Den Großteil davon verursachen unehrliche Kunden, gefolgt von den Mitarbeitern und Servicekräften. Rückläufig ist hingegen weiterhin die Anzahl aller angezeigten Ladendiebstähle. Erstmals lässt sich auch bei schweren Diebstählen wieder ein Rückgang verzeichnen.

Nach Schätzungen von EHI-Sicherheitsexperte Frank Horst entfällt wertmäßig rund ein Viertel aller Ladendiebstähle auf Banden und organisierte Kriminalität. Um Inventurdifferenzen zu vermeiden, setzen 92 Prozent der befragten Händler auf Mitarbeiterschulungen zur Sensibilisierung und wollen diese Präventionsmaßnahme weiter ausbauen. „Jeder 5. Händler stockt sein Budget für präventive Maßnahmen auf,“ so Horst.

Initiative zur Bekämpfung des Ladendiebstahls

Dr. Peter Schröder, Rechtsanwalt und Bereichsleiter Recht und Verbraucherpolitik im Handelsverband Deutschland (HDE), stellte auf der Sicherheitstagung eine Initiative des HDE vor, um Strafen für (bandenmäßigen) Ladendiebstahl zu verschärfen bzw. um die Strafverfolgung effektiver zu gestalten. Sechs Forderungen, die wohl alle Handelsunternehmer unterschreiben würden:  Die Mindeststrafe bei schweren Delikten sollte angehoben werden. Die Möglichkeiten zur Einstellung von Strafverfahren hingegen sollten reduziert werden. Auch die Hürden zur Verhängung von Untersuchungshaft sollten gesenkt werden. Datenschutzrechtlich erleichtert werden sollte die Videoüberwachung. Strafverfahren sollten zentral und bundesweit vernetzt bearbeitet werden können, und Justiz sowie Polizei sollten personell in die Lage versetzt werden, Fälle von Ladendiebstahl effektiv und zügig zu bearbeiten. Der HDE will sich laut Schröder auf allen politischen Ebenen für diese Forderungen einsetzen.

Globus-Märkte: Weniger Ladendiebstahl

Eine Verringerung der erkannten Fälle von Ladendiebstahl um bis zu 50 Prozent erreichte die Globus Fachmärkte GmbH & Co. KG über ein Projekt, in dessen Mittelpunkt die elektronische Sicherung besonders gefährdeter Warengruppen in den 91 Baumärkten der Gruppe steht. Parallel dazu entwickelte das Unternehmen gemeinsam mit den Herstellern diebstahlhemmende Produktverpackungen, außerdem schulten sie intensiv die Mitarbeiter. Carsten Zimmer, stellv. Leiter Revision des Unternehmens, stellte das Projekt im Detail vor. „Elektronische Warensicherung allein bringt nicht viel, sondern sie muss eingebunden werden in ein Gesamtkonzept zur Diebstahlvermeidung“, so sein Fazit.

Gefahr „Human Hacking“

Eine unterschätzte Gefahr: Die Fälle von „Human Hacking“ – also das Ausnutzen menschlicher Schwächen, um Zugang zu Informationen und geschützten Systemen zu erhalten – steigen rasant an. Julia Vincke, Head auf Group Security bei der Ceconomy AG in Düsseldorf (ehemals Metro), stellte auf dem Kongress verschiedene Betrugsmaschen ebenso vor wie die Maßnahmen, die ein Unternehmen dagegen ergreifen kann. In erster Linie, so Vincke, muss eine Unternehmenskultur herrschen, die auf Vertrauen und Transparenz basiert. Weiterer wichtiger Ansatz ist die Identifikation gefährdeter Mitarbeiter und deren intensive Schulung.

Spannungsfeld Mensch und Technik

Wie künstliche Intelligenz Mitarbeiter bei ihren Aufgaben unterstützen und den Diebstahlschutz verbessern können, erklären Philip Müller und Christoph Schwerdtfeger, Teil der Geschäftsführung des Start-ups Cartwatch. Das junge Unternehmen aus Berlin hat eine künstliche Intelligenz entwickelt, die mit einer Kamera die Einkaufswagen überwacht, die den Kassenbereich passieren. Das Kassenpersonal erkennt via Bild des Einkaufswagens auf dem Kassensystem, ob sich noch Artikel im Wagen befinden. Eine weitere smarte Lösung des Unternehmens, „Cartwatch Entrance“, erkennt und verfolgt mittels KI und Computervision Einkaufswagen und -körbe im Markt, um rechtzeitig Alarm auszulösen und gegebenenfalls Beweismaterial zu sammeln. Die Erkennungstechnologie kann auch in andere Warenschutzsysteme im Kassenbereich integriert werden.

Ganz ohne technische Neuheiten, sondern mithilfe verschiedener Maßnahmen und einer durchdachten Mitarbeiterschulung konnte der Damenmodefilialist Ulla Popken die Inventurdifferenzen – bewertet zu Verkaufspreisen im Verhältnis zum Bruttoumsatz –senken. Das Unternehmen strukturierte die Verantwortungen neu, stellte von einer Stichtags- auf eine permanente Inventur um und konzentrierte sich auf die Sensibilisierung der Mitarbeiter. „Wer etwas stehlen möchte, will anonym bleiben“, erklärt Uwe Müller, Leiter der Abteilung Filialaudit bei Ulla Popken. „Wir erklären den Mitarbeitern, dass sie jeden einzelnen Kunden begrüßen und verabschieden müssen.“ Der Verlust der Anonymität baue Hemmschwellen auf.

Doch wie sehen Maßnahmen aus, wenn der Mitarbeiter selbst zum Langfinger wird? Hierbei können Zutrittskontrollen entgegenwirken. Da Magnetkarten jedoch entwendet werden oder verloren gehen bzw. defekt sein können, ersetzt Globus SB-Warenhaus das Magnetkartensystem nach und nach durch biometrische Zeiterfassung und Zugangskontrollen des Anbieter für Zugangslösungen Dormakaba. Mithilfe von Fingerprints können sich zugangsberechtigte Personen einloggen. Die biometrische Leseeinheit erstellt anhand markanter Merkmale der Fingerkuppe ein Erkennungsmuster. Dabei handelt es sich um eine mathematische Beschreibung von Positionsdaten, die Endpunkte von Fingerlinien oder Verzweigungen markieren. Durch den Einsatz des neuen Identifikationssystems entfallen bei Globus weitgehend die Zeitkorrekturen und der Zutritt zu sensiblen Orten wie Geldbereichen ist geschützt. Das System kann darüber hinaus mit weiteren Zugangslösungen wie Karten beliebig kombiniert werden.

Der nächste EHI Inventur- und Sicherheitskongress wird am 25. und 26. Juni 2019 erneut mit Begleitausstellung in Köln stattfinden.

Fotos (5): EHI/Axel Schulten

Weitere Informationen: redaktion@ehi.org

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